Jean Asselborn au sujet du résultat du référendum français sur le traité constitutionnel

Journalist: Das Referendum zur Verfassung ist formell gescheitert. Eine historische Krise unter der Präsidentschaft des Landes Luxemburg, und der dortige Außenminister und stellvertretende Ratspräsident, Jean Asselborn, ist uns nun aus Luxemburg zugeschaltet. Schönen guten Morgen, Herr Asselborn.

Jean Asselborn: Guten Morgen.

Journalist: Ja, Sie haben eine sehr heikle Aufgabe jetzt. Nicht nur politisch zu vermitteln und eine Lösung suchen, sondern Sie dürfen den Bürgern ja auch nicht zu hoffnungslos erscheinen. Ich habe mich die ganze Nacht gefragt, haben Sie in irgendeiner Weise etwas Positives gefunden, was Sie uns jetzt noch heute Morgen verkünden können oder sind Sie sehr frustriert?

Jean Asselborn: Sagen wir, ich hätte mir heute Morgen natürlich etwas Besseres vorstellen können, als dieses Nein der Franzosen. Aber man muss sehen, dass wir ja in einem demokratischen Prozess sind, Frankreich hat Nein gesagt, Frankreich glaube ich, hat nicht Nein zu Europa gesagt. Es ist allerdings das erste Mal, dass in einem Land von einer Größenordnung Frankreichs, wo wirklich alle Parteien der Mitte, der Rechten, der Linken, die Gewerkschaften, die Forces vives, wie man sagt, sich für etwas ausgesprochen haben, und die Randgruppen eigentlich, die Politiker, die an dem Rand angesiedelt sind, dass die Recht bekommen haben. Das ist wirklich etwas worüber wir nachdenken müssen.

Die Glaubwürdigkeit der Politik, die jene braucht, will, dass Europa nicht nur, sagen wir, der verlängerte Arm Frankreichs sein darf. Welches Frankreich hat jetzt Nein gesagt? Das ist eine große Frage. Ist es die France profonde, wie wir sagen? Ist es die nationale Politik, die überwogen hat? Jedenfalls sind wir in einer Situation, die für Europa keine Krise ist, das würde ich nicht sagen, aber trotzdem viele Fragen aufwirft.

Journalist: Sie haben gesagt, man muss darüber nachdenken und sich überlegen, welche Konsequenzen man ziehen kann. Es ist ja die große Frage, wie geht es jetzt weiter? Vorher hieß es immer, es gibt keinen Notfallplan, es gibt keinen Plan B. Jetzt können Sie es ja offen sagen. Holen Sie uns den Notfallplan aus der Tasche, wie geht es jetzt weiter?

Jean Asselborn: Also, das Erste ist, als Präsidentschaft müssen wir Ruhe behalten und auch Ruhe ausstrahlen. Ruhe ausstrahlen und Ruhe behalten, heißt nicht, Denkpausen einlegen, die brauchen wir nicht. Wir müssen umdenken, das ist das Allerwichtigste.

Journalist: In welche Richtung?

Jean Asselborn: Konkret heißt das, die Prozeduren sollten, müssen weiterlaufen. Das Zweite, das Dritte ist, man kann das, was gestern in Frankreich geschehen ist, nicht einfach jetzt verdrängen. Das muss man sehr, sehr ernst nehmen. Man kann nicht jetzt wieder anfangen zu sagen, in einem Jahr wird ein neues Referendum sein, oder wir haben andere Möglichkeiten, die Verfassung in Frankreich trotzdem annehmen zu lassen. Also, man muss trotzdem Frankreich auch helfen, dass es sieht, in welcher Position es sich selbst gebracht hat. Man muss in Frankreich auch sehen, dass man sich nicht isolieren kann. Wie man das machen kann, es ist ja in dem Verfassungsvertrag ein kleines Ventil aufgelassen worden, in dem Kapitel steht drin, dass wenn 20 der 25 Ja sagen, dass den anderen 5 geholfen werden kann mit eben einem Entschluss des Europäischen Rates. Wie dieser Entschluss aussieht, weiß man nicht. Soweit sind wir auch noch nicht. Also heute werde ich persönlich praktisch alle Minister hier in Luxemburg empfangen, im Rahmen der Euromed-Sitzung. Wir haben ein Außenministertreffen am 12., dann ist Europäischer Rat am 16., 17. Wir haben ja das Referendum auch noch in Holland … [wird unterbrochen]

Journalist: Aber Herr Asselborn, wenn jetzt, diese sagen wir mal, diese Abstimmungen weitergehen, dann heißt das ja im Prinzip, dass an der Verfassung nichts mehr geändert wird. Weil wenn man jetzt sowas ändern würde, müsste man ja die ganze Prozedur von vorne anfangen. Das heißt also, man versucht dahin zu gehen, dass den Franzosen noch einmal eine Abstimmung präsentiert wird, oder was haben Sie genau vor?

Jean Asselborn: Also, ich glaube, so einfach kann man sie nicht ändern. Deutschland ist auch ein sehr wichtiges Land. Deutschland hat im Bundestag, im Bundesrat, diesen Vertrag angenommen. Man kann ja nicht von heute auf morgen jetzt wieder sagen, das war alles schlecht, das war nicht gut, wir müssen neu verhandeln.

Die Franzosen haben uns gestern nicht gesagt, was neu verhandelt werden soll und mit wem neu verhandelt werden soll. Wir müssen es fertig bringen in der Europäischen Union, vor allem uns selbst, unsere Politik ernster zu nehmen. Nehmen Sie die Finanzierungsfrage, die Finanzperspektiven. Die Kirchturmpolitik muss aufhören. Und im Juni, auf dem Gipfeltreffen der Staatschefs, müssen wir klar zeigen, dass Europa fähig ist, zu sagen, wieviel Geld es braucht, wieviel Geld wir ausgeben müssen in den nächsten 7 Jahren. Damit zeigt man den Bürgern, dass die europäischen Politiker die europäische Politik ernst nehmen und nicht bei jeder Gelegenheit auseinanderdriften. Und dann immer wieder zeigen, dass die nationale Politik trotzdem wichtiger ist als die europäische Politik. Das ist die große Frage, der wir uns stellen müssen. Und dann kann es, sagen wir, im Laufe der anderthalb Jahre, die noch bleiben, um die Prozeduren abzuschließen, dass wir in eine andere Situation kommen können.

Journalist: Ich bin sehr gespannt, welches Kaninchen Sie in den nächsten Wochen aus dem Hut zaubern werden. Danke schön, Jean Asselborn, Außenminister von Luxemburg, für dieses Gespräch.

Jean Asselborn: Bitte sehr.

Dernière mise à jour