Umbruch und Aufbruch. Contribution écrite de François Biltgen au sujet des défis pour 2006

Wenn man die veröffentlichte Meinung am Ende des Jahres 2005 liest, z. B. die von der Redaktion formulierte Fragestellung ("Die fetten Jahre sind vorbei. In Luxemburg ist Sparen angesagt"), könnte man schon glauben, eine Luxemburger Epoche ginge zu Ende, die der Nachkriegszeit, gekennzeichnet durch wirtschaftlichen Aufstieg, soziale Errungenschaften und erfolgreiche europäische Eingliederung. Sind wir am Ende einer Epoche? Wird alles nur schlechter? Das Referendum über die EU-Verfassung, das positiv ausging, hat immerhin Angstgefühle größerer Bevölkerungsschichten aufgezeigt.

Eine solch pessimistische Ansicht unserer Zukunft trifft aber den Kern der Aufbruchrede von Premier Jean-Claude Juncker am 12. Oktober vor dem Parlament mitnichten. Es geht nicht um Abbruch, sondern um Umbruch, um Aufbruch eben. Unserem Land geht es nach wie vor gut, und es geht nicht um reines "Sparen". Nein, die Prioritäten werden neu gesetzt: Wir wollen neue wirtschaftliche Aktivitäten fördern, nicht nur, aber vor allem durch Forschung und universitäre Bildung. Erziehung, Bildung und Weiterbildung sind überhaupt unabdinglich, wenn mehr Mitbürger in Zukunft eine Chance auf einen Arbeitsplatz und auf eine gesellschaftliche Rolle erhalten sollen, wenn wir die Arbeitslosigkeit endlich wieder drücken wollen. Investitionen in Wohnraum, in das Gesundheitswesen, in Unterstützungsstrukturen für Familien, aber auch in den öffentlichen Transport werden weitere prioritäre Ausgabenbereiche sein.

Das alles kostet mehr Geld. Das heißt konkret, dass die aktuelle Ausgabenstruktur des Staates umgebaut werden muss. Ist denn wirklich alles in unserem Sozialstaat in Ordnung? Was nützen unsere wohl beispiellosen Geldtransfers, wenn z. B. immer mehr Menschen vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden, wenn immer mehr Kinder schulische Probleme haben? Sollten wir unser Sozialsystem nicht hinterfragen und es umschichten zum Besseren von mehr Mitmenschen? Denn Umbau, nicht Abbau steht auf der Tagesordnung.

Eine solche Umbruch- und Aufbruchphase ist nicht neu. Vor gut 20 Jahren haben wir – erfolgreich – ein letztes Mal einen solchen Umbruch vollzogen. Und damals waren die Startbedingungen für unser Land wesentlich schlechter. Die Kassen waren leer, jeder musste tief in die Tasche greifen, und die Zukunftsperspektiven waren ungewiss.

Doch wir haben es damals geschafft. Wie damals wollen wir auch heute die Reformen im sozialen Dialog durchziehen, denn sozialer Dialog fördert die soziale Kohäsion. Am Abschluss des Dialogs müssen die politischen Verantwortlichen ihre Verantwortung tragen. Sie werden sie zu tragen wissen. Es geht um die sichere Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder. Wie sagte der Premier am 12. Oktober: "Mir Lëtzebuerger packen dat, wa mer alleguer upaken, fir eis a fir déi, déi no eis kommen. Mir Lëtzebuerger hunn et nach emmer gepackt, wa mer fréi genuch ugepakt hunn".

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