"Wir haben viel mit unserem Glück gespielt". Lucien Lux au sujet des dossiers à l'ordre du jour du ministère de l'Environnement et du ministère des Transports

Marc Schlammes: Wie kraft- und nervenraubend ist es, sich quasi täglich zu behaupten?

Lucien Lux: Eines steht fest: Als Umweltminister darf man Widerständen nicht aus dem Weg gehen, auch wenn dies sehr viel Energie kostet. Das erklärt wahrscheinlich, weshalb sich bei der Ressortverteilung niemand um dieses Amt gerissen hat.

Marc Schlammes: Aus den Auseinandersetzungen mit dem Wirtschaftsminister - immerhin auch Ihr Parteikollege -- und mit dem Agrarminister gingen Sie nicht als Verlierer hervor. Beispiel Remembrement-Gesetzgebung, Beispiel Kioto-Umsetzung. Worauf führen Sie diese Punktsiege zurück?

Lucien Lux: Ein Urteil über meine Arbeit überlasse ich gerne anderen. Ich liebe jedoch die politisch-inhaltliche Auseinandersetzung, Argumente gebetsmühlenartig zu wiederholen und dabei meinen Standpunkt konsequent zu verteidigen. Das entspricht wohl meinem Naturell. Es hat sich aber auch ein Wechsel in der Einschätzung der Umweltpolitik vollzogen. Wir haben endlich die Hürde der gut gemeinten Worte überwunden und sind nun im Stadium der Taten angekommen. Spätestens seit der Erklärung des Premiers zur Lage des Landes dürfte auch der letzte Skeptiker überzeugt sein, dass diese Regierung es ernst meint mit einer konsequenten und seriösen Umweltpolitik.

Marc Schlammes: Womit CSV und LSAP auch dem Umstand Rechnung tragen, dass die Bürger Umweltthemen eine besondere Bedeutung beimessen.

Lucien Lux: Das stimmt. Diese Regierung ist sich der Tragweite der Thematik bewusst. Wir müssen Umweltfragen mehr denn je in den Mittelpunkt rücken. Beispielsweise das Kapitel Klimaschutz. Gewiss ein komplexes Dossier, aber von kruzialer Bedeutung.

Marc Schlammes: Und unter Umständen 2009 ein Wahlkampfthema.

Lucien Lux: Wogegen ich nichts einzuwenden hätte. Wir müssen den Menschen diese Herausforderung mit all ihren Facetten - Chancen wie Gefahren - darlegen und vermitteln.

Marc Schlammes: Ein Aspekt davon ist die Autosteuer, die Anfang 2007 nach oben angepasst wird. Wenn es um sein sprichwörtlich liebstes Kind geht...

Lucien Lux: ... also mit Verlaub, dieses Argument vom "liebsten Kind" kann ich nicht mehr hören. Ich will hier keinesfalls als Moralapostel auftreten, aber wenn es im Klimaschutz um Kinder geht, dann doch wohl um die künftigen Generationen, denen wir verpflichtet sind, einen halbwegs gesunden Planeten zu hinterlassen, und nicht um Autos.

Marc Schlammes: Trotzdem. Die Bürger werden räsonieren, dass der Weg zum Klimaschutz über ihr Portemonnaie führt.

Lucien Lux: Zum Klimaschutz gehört auch eine budgetäre Facette. Wenn wir uns tatsächlich mittelfristig von der Abhängigkeit vom Tanktourismus befreien wollen, müssen wir alternative Finanzquellen erschließen. Um den Staatshaushalt im Gleichgewicht zu behalten. Und um konkrete Maßnahmen im Klimaschutz zu ergreifen. Ohne die nötigen Geldmittel wird aus unserem ambitiösen Aktionsplan nichts.

Marc Schlammes: Der finanzielle Aspekt dürfte zur Bewährungsprobe ihrer Oberzeugungsarbeit werden.

Lucien Lux: Ich werde gemeinsam mit anderen Regierungsmitgliedern diese Herausforderung annehmen. Es geht nicht darum, oberlehrerhaft aufzutreten, sondern eine annehmbare Reformpolitik zu vertreten und einen pädagogischen Anstoß zu liefern. Erstmals wird vom Bürger ein Beitrag zugunsten einer konkreten Umweltpolitik verlangt und ich bin überzeugt, dass die große Mehrheit dies positiv aufnimmt. Und was den konkreten Fall der Autosteuer angeht, weise ich darauf hin, dass diese Gebühr seit 1984 nicht mehr angepasst wurde, dass rund 70 Prozent der Fahrzeugbesitzer nach dem 1. Januar weniger als 100 Euro mehr bezahlen müssen, und dass wir immer noch unter den Taxen unserer Nachbarländer liegen.

Marc Schlammes: Das Sorgenkind in Sachen Klimaschutz ist das Verkehrswesen, das hier zu Lande über die Hälfte der CO2-Ausscheidungen verursacht. Als Transportminister haben Sie der Tram zur Renaissance verholten. Wird Luxemburg wirklich wieder eine Stadtbahn erhalten?

Lucien Lux: Davon bin ich felsenfest überzeugt. Wir dürfen die Tram nicht mehr von den Schienen nehmen. Sie ist die einzige umweit- und verkehrspolitische Alternative. Das zeigen im Übrigen auch die Beispiele in vielen europäischen Städten.

Marc Schlammes: Sie sehen also nicht das Risiko, dass es im Zuge der nächsten Wahlen erneut zu einem Meinungsumschwung kommt?

Lucien Lux: Nein! Die Diskussionen verliefen nach jahrelangen Polemiken auf einem derart konstruktiven Niveau, dass es kein Zurück gibt.

Marc Schlammes: Außerdem stehen nunmehr vier Parteien in der Verantwortung, ob am Knuedler oder am Krautmarkt,...

Lucien Lux: ... so dass das Thema Tram nicht aus politischem Opportunismus heraus ausgeschlachtet wird.

Marc Schlammes: Bleiben wir beim Schienenverkehr. Mit der Eisenbahn-Tripartite haben Sie mit CFL-Cargo für eine zukunftsweisende Weichenstellung gesorgt.

Lucien Lux: Auch hier musste viel Kraft investiert werden. Aber mit CFL-Cargo haben wir nach langem Hin und Her eine Lösung nach bester luxemburgischer Tradition gefunden.

Marc Schlammes: Hätte man diese Lösung nicht schon früher finden müssen?

Lucien Lux: Die CFL könnte längst eine große Rolle in der Großregion spielen. Doch durch Blockade-Haltungen und Nichtstun wurde viel Zeit vergeudet. Auch in europäischen Dossiers. Alle Akteure ließen die nötige Dynamik und Anpassungsfähigkeit vermissen.

Marc Schlammes: Was für die Bahngesellschaft gilt, trifft auch auf Passagierairline zu.

Lucien Lux: In beiden Fällen kann ich nur sagen, dass wir viel mit unserem Glück gespielt haben. Um klar und deutlich zu sein: Da wurden Dossiers in unverantwortlicher Manier unbehandelt liegen gelassen und der Standort Luxemburg dabei sträflich vernachlässigt.

Beispiel Bahn-Liberalisierung, wo wir uns jahrelang damit begnügten, einfach Nein zu sagen. Und was die Luxair angeht, muss ich auch feststellen, dass sich das hochnäsige Verhalten vergangener Jahre heute rächt.

Marc Schlammes: Besteht die Gefahr, dass Luxair vom Himmel verschwindet?

Lucien Lux: So weit will ich nicht gehen. Zum Glück hat die jetzige Führung die Zeichen der Zeit erkannt. Wohlwissend, dass die Restrukturierung nicht leicht wird, bietet sich nun die Chance, sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren. Das Flugbusiness ist ein Haifischbecken, da muss man Biss zeigen. Oder man wird geschluckt.

Marc Schlammes: Und die neue Crew im Cockpit...

Lucien Lux: ... hat nach meinen bisherigen Erfahrungen die richtige Vorgehensweise gewählt. Man diskutiert mit der Belegschaft, geht auf die Angestellten zu, argumentiert und motiviert. Man kann die Welt nicht dauernd so sehen, wie man sie haben möchte. Man muss sie manchmal auch so sehen, wie sie ist: Und die raue Realität im Flugverkehr ist ein Konkurrenzkampf, wo mit harten Bandagen gekämpft wird und dem wir uns stellen müssen, wenn wir weiter mit dabei sein wollen.

Marc Schlammes: Im Vorjahr ist die Zahl der Verkehrstoten erheblich gesunken. Sie wollen auf diesem Weg weiterfahren und haben Alkohol am Steuer im Visier. Wann wird Luxemburg die 0,5-Promille-Grenze einführen?

Lucien Lux: Ich gehe davon aus, dass der entsprechende Gesetzestext den Instanzenweg bis Ende des Jahres schafft. Dann können wir 0,5 bzw. 0,2 Promille für Fahranfänger Anfang 2007 einführen. Alkohol am Steuer ist ein heißes Eisen. Aber wir müssen es anpacken, so wie es vor uns bereits 21 der 25 EU-Staaten getan haben. Die Senkung der Promillegrenze und die dabei zu erwartenden Diskussionen sind für mich auch Bestandteil einer verantwortungsvoll handelnden Gesellschaft. Mit dem Status quo ist es nicht getan. Wir dürfen nicht vergessen, dass die meisten schweren Verkehrsunfälle auf Alkoholmissbrauch zurückzuführen sind.

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