"Zuckerbrot und Peitsche." Lucien Lux entend augmenter l'offre au niveau des transports publics

Romain Meyer: Ärgert es Sie, wenn Sie an das Wahlversprechen Ihrer Partei erinnert werden, den öffentlichen Transport kostenlos anzubieten?

Lucien Lux: Die Idee vom Gratistransport war auch innerhalb der LSAP umstritten und in den Koalitionsverhandlungen mit der CSV konnten wir uns nicht darauf einigen. Aber es ist nicht angenehm, wenn man dann die Tarife erhöhen muss.

Romain Meyer: Wer hat Sie dazu gezwungen?

Lucien Lux: Im zweiten Budgetjahr wollte ich mehrere Verbesserungen im öffentlichen Transport durchsetzen, für die ich auf der anderen Seite Tariferhöhungen in Kauf nehmen musste.

Romain Meyer: Wieviel Geld kann der Staat für den Gemeinschaftstransport ausgeben? Liegt nicht irgendwo eine finanzielle Obergrenze?

Lucien Lux: 245 Millionen Euro steuert der Staat jährlich zum öffentlichen Transport bei, Tendenz steigend. Wenn wir in den nächsten Wochen die Verträge mit den Transportträgern neu verhandeln, muss jeder versuchen, effizienter zu werden. Unrentable Linien müssen dabei in Frage gestellt werden.

Romain Meyer: Gibt es Vergleichswerte im Ausland, wie viel sich die Allgemeinheit einen Zug oder einen Bus pro Einwohner oder pro Passagier kosten lassen kann?

Lucien Lux: Ich will mich unter anderem am Modell Flandern orientieren, wo anhand der Fahrgastzahlen entschieden wird, ob eine Linie ganz oder teilweise wegfällt respektive ersetzt wird. Das Problem stellt sich nicht in den Spitzenstunden. Aber dazwischen ist es nicht immer sinnvoll, den Taktverkehr aufrecht zu erhalten.

Romain Meyer: Sie stellen den sakrosankten Taktverkehr in Frage?

Lucien Lux: Nicht direkt, aber ich kann mir vorstellen, dass bei einigen Linien im ländlichen Raum der Taktverkehr in der Flautezeit durch einen Rufbus ersetzt wird.

Romain Meyer: Solche Dienste gibt es bereits. Allerdings erhält beispielsweise der Bummelbus im Räume Hosingen von Ihrem Ministerium keinen Cent Unterstützung.

Lucien Lux: Ich habe viel Sympathie für diese Initiative, eine Beschäftigungsinitiative übrigens, und werde dem Regierungsrat Kriterien vorschlagen, um solche Dienste zusammen mit dem Arbeitsministerium mit zu finanzieren.

Romain Meyer: Sie unterstützen in dieser Woche eine Menge Aktionen, die vor allem aus den Gemeinden kommen. Wie steht es mit einem Gesamtkonzept von Ihrer Seite, wo ist der "plan sectoriel transport" dran?

Lucien Lux: Dieser Plan ist weit fortgeschritten und wird vor Ende dieses Jahres öffentlich diskutiert. Nach der Anhörung aller Betroffenen geht er auf den Instanzenweg. Er wird alle Stärken und Schwächen der verschiedenen Transportmittel und der geplanten Infrastrukturen in Betracht ziehen. Zudem wird ihre Vereinbarung mit den Mobilitäts-, Landesplanungs- und Kyoto-Zielen geprüft.

Romain Meyer: Ihr Vorgänger Henri Grethen wirft Ihnen in einem "Journal"-Interview vor, seine Strategie "mobiliteit.lu" auf sträfliche Art und Weise zu verschleppen. Was meinen Sie dazu?

Lucien Lux: Vorwürfe aus dieser Ecke nehme ich kaum noch ernst. Das Konzept "mobiliteit.lu" fußte vor allem auf dem "Train-Tram", und der hat sich in der Zwischenzeit wegen seiner Unrealisierbarkeit selber versenkt. Zudem war der Kostenpunkt um die Hälfte unterschätzt worden, weil das Konzept übereilt ausgearbeitet wurde.

Um politisch etwas vorzeigen zu können, baute mein Vorgänger potemkinsche Dörfer auf. Wir sind derzeit dabei, den Bau der leichten Tram durch die Stadt ernsthaft zu studieren.

Romain Meyer: Die Stadtbahn scheint also auf den Schienen zu stehen. Wann fällt die definitive Entscheidung, wann fährt die erste Tram?

Lucien Lux: Ich will und kann keine Jahreszahl nennen. Durch die Instandsetzung der Adolphebrücke wird das Timing verzögert. Aber die Vorbereitungen laufen auf Volltouren. Die neue Kreuzung am Bricherhof auf Kirchberg wird bereits tramgerecht gebaut. Da seit 2004 zwischen den vier großen Parteien nicht mehr polemisch über die Tram diskutiert wird, wird sie niemand mehr von den Schienen holen.

Romain Meyer: Und wird die Stadtbahn einmal, vielleicht 2017, an das Eisenbahnnetz angebunden, damit das Umsteigen am Hauptbahnhof wegfällt?

Lucien Lux: Um diese Option nicht zu verbauen, wird die Tramstrecke die Schienenbreite der Eisenbahn haben. In der Tramgesellschaft soll die öffentliche Hand mehrheitlich vertreten sein. Ich will eine aktive Rolle der CFL, sie muss ein kohärentes Betreiberkonzept vorlegen.

Romain Meyer: Die Stadt Luxemburg setzt endlich verstärkt auf den Langsamverkehr. Wie können Sie auf Regierungsebene dazu beitragen, dass mehr Menschen zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren?

Lucien Lux: Eine Arbeitsgruppe ist dabei, einen nationalen Aktionsplan für den Langsamverkehr auszuarbeiten. Das Expertenteam arbeitet Vorschläge aus, um die Chancen des Langsamverkehrs zu erhöhen. So müssen Gemeinden und Staat Radwege schon bei der Planung neuer Straßen einfließen lassen. Der "Code de la route" muss angepasst und die Sicherheit der Radfahrer gewährleistet werden.

Romain Meyer: Neben dem Zuckerbrot nutzen Sie auch die Peitsche: Wissen Sie, dass Sie sich mit den Akzisenerhöhungen auf Treibstoff und der Erhöhung der Autosteuer ab Januar 2007 nicht nur Freunde machen?

Lucien Lux: In der Regierungsverantwortung macht man sich nicht nur Freunde, ich weiß. Die beschlossenen Erhöhungen im Auto- und Treibstoffbereich stellen eine Trendwende in Luxemburg dar. Es ist das erste Mal, dass die Bürger nach dem Verursacherprinzip für Umweltbelange zur Kasse gebeten werden. Immerhin geht es um die Zukunft des Planeten. Für eine solche Herausforderung sind sicherlich 90 Prozent der Bevölkerung bereit, Opfer zu bringen. Um verschiedenen Einwänden Rechnung zu tragen, hat die Regierung letzte Woche beschlossen, nun auch die Mehreinnahmen bei der Autosteuer dem Kyotofonds direkt, statt dem Staatshaushalt, zuzuführen. Damit der Bürger Umwelt bekommt, wenn er für Umwelt zahlt.

Romain Meyer: Wenn Sie die Spritpreise denen in den Nachbarländern anpassen, muss der Staat auf die Einnahmen aus dem Tanktourismus verzichten. Wie wollen Sie aus der Zwickmühle von Kyoto herauskommen?

Lucien Lux: Der Spritverkauf ins Ausland macht 40 Prozent der gesamten Schadstoffemissionen aus, die Luxemburg angerechnet werden. Es würde allerdings der Umwelt global nichts nützen, wenn der Treibstoff durch übertriebene Akzisenerhöhungen nicht mehr in Luxemburg, sondern integral außerhalb der Grenzen verkauft würde. Außerdem setzt sich nachhaltige Entwicklung aus drei Pfeilern zusammen: Wirtschaftswachstum, soziale Kohäsion und Umweltschutz.

Wenn die Ökologie von den anderen Bereichen ernst genommen werden will, muss auch sie diese respektieren. Deshalb kann man nicht mit der Axt vorgehen und die Geldquellen des Staates kappen. Ich will mit ruhiger Hand dafür sorgen, dass der Treibstoffexport ins Ausland vorerst stabilisiert wird. Der Klimaschutz muss jedoch in unserem Land auf allen Ebenen prioritär angegangen werden.

Romain Meyer: Glauben Sie noch daran, dass 25 Prozent der Gesamtbewegungen bis zum Jahr 2020 wie geplant vom öffentlichen Transport gewährleistet werden?

Lucien Lux: Ich werde alles dafür tun, dieses Ziel zu erreichen. Dafür muss das Mosaik aus Zug, Bus, morgen Tram, Fahrrad, Fußgänger und natürlich Auto sinnvoll zusammen gesetzt werden.

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