"2007 beginnt am 1. Januar 2008". Octavie Modert au sujet de "Luxembourg et Grande Région, capitale européenne de la culture 2007"

Vesna Andonovic: Mit "Luxemburg und Großregion, Kulturhauptstadt 2007" steht erstmals ein grenzüberschreitendes Kulturjahr vor der Tür. Welche politische Botschaft steckt dahinter?

Octavie Modert: Bereits 1995 hat Luxemburg versucht, den Begriff "Kulturhauptstadt" auf das ganze Land auszuweiten. Mit 2007 versuchen wir das Konzept auch über die Grenzen hinaus zu tragen, um integrativ ein ganzes Ensemble von Menschen mit einzubeziehen, die zusammen leben oder arbeiten. Es war erstaunlicherweise nicht einfach, diesen eigentlich "europäischeren" Gedanken in den Instanzen durchzubringen, aber wir konnten sie letztlich davon überzeugen, dass es sich um eine neue und sinnvolle Interpretation des Gedankens Melina Mercuris handelt. Nach mehr als 20 Jahren kann man ein Konzept ausweiten. Es war übrigens auch eine Luxemburger Initiative, eine Stadt in einem der damals zukünftigen Beitrittsländer mit einzubeziehen. In Betracht der historischen Verbindung zwischen Luxemburg und Siebenbürgen fiel die Wahl auf Sibiu. Dort leben auch heutzutage noch eine ganze Reihe unserer Landsleute.

Vesna Andonovic: Glauben Sie, dass Kultur die Rolle des "gemeinsamen Nenners" im Zusammenführungsprozess der Großregion spielen kann?

Octavie Modert: Kultur bringt nicht nur Menschen zusammen, sondern trägt auch maßgeblich zum gegenseitigen Verständnis verschiedener Völker oder Länder bei. Luxemburg ist zwar nicht der geografisch gesehen größte Bestandteil der Großregion, aber dennoch der einzige souveräne Staat, der ihr angehört. Dies gibt ihm, abgesehen von seiner zentralen Lage, eine Art "Zugpferd"-Funktion. Ich denke, dass das Gefühl, einem gemeinsamen Raum zuzugehören am einfachsten über die Kultur vermittelt wird. Schließlich gibt es mehr Dinge die uns verbinden, als solche die uns trennen.

Vesna Andonovic: Hinkt die grenzüberschreitende kulturelle Zusammenarbeit hinter der wirtschaftlichen hinterher?

Octavie Modert: Ich denke nicht, dass dies der Fall ist. Ich glaube, dass es nicht weniger kulturelle Zusammenarbeiten gibt als wirtschaftliche. Sicherlich ist die wirtschaftliche Zusammenwirkung der Großregion sehr groß, aber die Kultur ist ja auch ein Teil dieser. Der kulturelle Austausch ist sehr rege. 2007 hat zahllose bi- oder multilaterale Projekte hervorgebracht, aber diese Wechselwirkung bestand auch schon davor.

Vesna Andonovic: Diese Zusammenarbeit läuft jedoch eher auf individueller als auf institutioneller Basis ...

Octavie Modert: Das sollte auch so sein, vielleicht sollte es dies noch stärker sein. Denn das bedeutet "zusammenleben" nun mal. Es muss nicht immer jemand "von oben" neben den Menschen stehen, um ihnen zu diktieren, wie sie zusammenleben sollen. Die Aussage "2007 beginnt am 1. Januar 2008" geht klar in diese Richtung. Die Idee eines grenzüberschreitenden Fonds wurde ja bereits in die Tat umgesetzt. Das Kulturjahr soll nun Anlass zu einer großregionalen Bestandsaufnahme sein, um zu sehen, wie wir die kulturelle Zusammenarbeit in der Großregion weiter ausbauen können.

Vesna Andonovic: Welche Erwartungen setzten Sie in dieses Kulturjahr?

Octavie Modert: Erstmals soll es eine Begegnung der Menschen aus der ganzen Großregion sein, und zwar auf eine andere Art und Weise wie dies vielleicht im Alltag der Fall ist. Dann erhoffen wir uns, dass die verschiedenen "Kulturen" des großregionalen Raums sich begegnen. Und nicht zuletzt, dass über die Grenzen der Großregion hinaus bekannt wird, wie groß das kulturelle Angebot hier ist. In diesem Zusammenhang kann das Kulturjahr auch sicherlich eine "Magnet"-Funktion ausüben, und ist zudem eine ausgezeichnete Vitrine, um den Reichtum und die Vielfalt des Luxemburger Kulturangebots zu präsentieren.

Vesna Andonovic: Das kulturelle Angebot im Großherzogtum hat sich seit dem letzten Kulturjahr 1995 quasi exponentiell vervielfacht. Soll 2007 den lokalen Kulturhäusern auch ein neues Publikum erschließen?

Octavie Modert: Natürlich soll auch ein neues Publikum gewonnen werden. Landesunabhängig ist jede kulturelle Institution stets daran interessiert, neue Zuschauer und -hörer zu gewinnen und den bestehenden Bestand auszubauen. Vor allem soll aber aufgezeigt werden, dass das Großherzogtum weitaus mehr zu bieten hat als nur seinen Bankenplatz. Luxemburg hat letzterem zwar viel zu verdanken, aber es ist auch weit mehr. Es ist nicht das Geld als solches, das Menschen zusammenbringt und -schweißt, auch wenn der wirtschaftliche Wohlstand sicherlich wichtig ist. Die Seele und die Kohäsion wird durch die Kultur gefördert. Abgesehen davon hat Kultur auch immer einen wirtschaftlichen Impakt.

Vesna Andonovic: Ist ein Kulturjahr auch eine Gelegenheit, strukturelle Probleme, auf die die Kulturszene stoßen kann, politisch zu thematisieren?

Octavie Modert: Alles was man zusammen lernt, soll man auch gemeinsam nutzen, um etwas zum Positiven zu verändern.

Es bleibt natürlich aber immer eine territoriale Kompetenz. Als Luxemburg die Präsidentschaft der EU inne hatte, haben wir die Frage aufgeworfen, wie man die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure der Kulturszene in Europa verbessern könnte. Wenn man Barrieren thematisiert, kann man dazu beitragen, sie, wenn schon nicht ganz aus der Welt zu schaffen, wenigstens zu reduzieren.

Vesna Andonovic: Wie zufrieden sind Sie mit dem Anklang, den das Projekt des Kulturjahres in der Großregion gefunden hat?

Octavie Modert: Luxemburg ist sozusagen das Epizentrum des Projekts. Die Idee, das Kulturjahr auf die Großregion auszuweiten, stammt ja bekanntlich vom Premierminister Juncker, und die einzelnen Regionen haben diesen Vorschlag mit Begeisterung aufgenommen. Es ist natürlich so, dass jede Region ihre Projekte, nach dem Prinzip der Territorialität, finanziert hat, derweil die grenzüberschreitenden gemeinsam unterstützt wurden. Anders wäre dies weder denk- noch durchführbar gewesen.

Vesna Andonovic: Denken Sie, dass das Kulturjahr eine bleibende Mobilität der Produktionen und des Publikums in der Großregion schaffen wird?

Octavie Modert: Dies ist auf jeden Fall eine Hoffnung, die ich hege. Wobei wir aber auch hier eigentlich nicht bei Null anfangen. Das Luxemburger Publikum begibt sich oft nach Metz, Trier oder Arlon. Gleichzeitig ziehen die Philharmonie und der Mudam auch eine beträchtliche Besucherzahl aus dem Ausland an. Es besteht zurzeit eine "Win-Win"-Situation für alle Beteiligten.

Die internationale Anziehungskraft des Mudam ist viel größer als gemein angenommen. Auch Kulturinstitute wie beispielsweise die geplante Metzer Antenne des Centre Georges Pompidou sollte man nicht unter dem Aspekt der Konkurrenz betrachten, sondern dem einer komplementären Vernetzung, die einen zusätzlichen Anziehungsfaktor für die Großregion darstellt. Schließlich ist einer der Maßstäbe für den Entwicklungsstand einer Demokratie auch die Anzahl ihrer kulturellen Institutionen.

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