Claude Wiseler: "Im Dienste der Mobilität". Le ministre des Travaux publics au sujet du développement du réseau routier luxembourgeois

Revue: Was ist, wenn die Umweltschützer Recht haben, dass neue Straßen nur neuen Verkehr anziehen?

Claude Wiseler: Wenn wir nur neue Straßen bauen würden, wäre der zitierte Spruch richtig, die Wirklichkeit ist jedoch eine andere. Die Verkehrspolitik steht im Dienste der Mobilität. Dazu gehören das Privatauto, der öffentliche Transport, die Radfahrer und die Fußgänger. Busse und Fahrräder fahren auch auf der Straße.

Revue: Aber nicht auf der Autobahn!

Claude Wiseler: Wir bauen nach einem logischen Konzept, auch Autobahnen. Das IVL gibt uns die Vorgaben.

Revue: Unsere vielen Autobahnen sind allerdings sehr oft überlastet.

Claude Wiseler: Der Grund ist die rasante wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte. Für mich ist klar, dass die Priorität auf dem öffentlichen Transport liegen muss, wo noch vieles zu tun bleibt. Das heißt nicht, dass wir nicht mehr in den Straßenbau investieren sollen.

Revue: Die Erweiterung der Autobahn zwischen Mamer und Bettemburg von vier auf sechs Spuren ist aus budgetären Gründen aufgegeben worden. War sie also doch nicht so notwendig?

Claude Wiseler: Der Ausbau bleibt eine Notwendigkeit, er wurde lediglich aus finanziellen Ursachen um zwei oder drei Jahre verschoben.

Revue:: Und dann stellen wir fest, dass sechs Spuren nicht genügen, und bauen auf acht aus.

Claude Wiseler:: Nein, weil wir gleichzeitig die öffentlichen Transportmittel energisch ausbauen.

Revue: Konkret: Welche Autobahnen werden noch gebaut?

Claude Wiseler: Die Nordstraße und die Liaison Micheville, die eine Anbindung an die Escher Autobahn ist. Die laut IVL drei künftigen Siedlungszentren Luxemburg, Esch und Nordstad müssen nämlich optimal zugänglich sein.

Revue: Wann wird die Nordstraße endlich fertig sein?

Claude Wiseler: Ich will mich nicht festlegen, aber ich nehme an, es wird 2011 oder 2012 werden.

Revue: Und schon plant Ihre Verwaltung an einer zweiten Nordstraße, der Westtangente!

Claude Wiseler: Nein, die Straßenbauverwaltung ist seit Jahren dabei, Trassen zu definieren, die für eventuell notwendige weitere Straßen vorzusehen sind. Dazu gehört auch die Westtangente zwischen Mamer und Mersch.

Revue: Was wollen Sie bis zum Ende der Legislaturperiode noch verwirklichen?

Claude Wiseler: Neben der Fertigstellung der angesprochenen Projekte stehen noch einige Umgehungsstraßen an, allen voran die von Junglinster, in Verbindung mit einem neuen Lyzeum. Priorität genießen noch die Entlastung von Strassen und Bartringen, wo die zweite Europaschule hinkommt, und eine Penetrante in Differdingen. Die Umgehung von Bascharage und Dippach und die Umgehung von Ettelbrück und Niederfeulen sind in Planung.

Revue: Obwohl die meisten Ihrer Pläne älter sind als das "Integrative Verkehrs- und Landesentwicklungskonzept", führen Sie immer wieder das IVL an. Biegen Sie sich das IVL nicht zurecht, um Ihre Ziele zu rechtfertigen?

Claude Wiseler: Die Landesplanung und deren Instrument IVL, an dem das Bautenministerium mitgearbeitet hat, erleichtert uns zu entscheiden, welche Maßnahmen prioritär sind und welche nicht.

Revue: Wollen Sie den Echternachern anhand des IVL erklären, dass sie keine Umgehungsstraße bekommen?

Claude Wiseler: In Echternach wird die alte Charly-Trasse dazu dienen, den Verkehr aus dem Ortskern herauszuholen.

Revue: Stehen Sie nicht unter dem Druck der Gemeinden? Will nicht jeder Bürgermeister eine Umgehungsstraße?

Claude Wiseler: Doch, und manchmal zu Recht, wie in Ulflingen. Doch es kann nicht alles gleichzeitig gebaut werden.

Revue: Werden Sie die "Collectrice du Sud" an das belgische Autobahnnetz anbinden?

Claude Wiseler: Das ist ein Vorschlag aus dem Strategiepapier 2020 der Straßenbauverwaltung, der im IVL nicht als prioritär angesehen wird. Je nachdem wie sich das Verkehrsaufkommen entwickelt, kann das Projekt jedoch wieder geprüft werden.

Revue: Gibt es Kriterien für diese Überprüfung?

Claude Wiseler: Die wirtschaftliche Entwicklung gibt den Ausschlag, doch die Mobilität muss als Ganzes betrachtet werden. Ich bin als Bautenminister nicht böse, wenn der Transportminister mehr Haushaltsgelder erhält für seine Schienen als ich für meine Straßen.

Revue: Sie verzweifeln wohl eher am Wohnungsbauminister! Wenn mehr Wohnungen in der Nähe der Arbeitsplätze gebaut würden, müssten die Menschen nicht so viel fahren.

Claude Wiseler: Das Wohnungsbaukonzept, das Fernand Boden ausgearbeitet hat und in Kürze vorstellen wird, entspricht voll und ganz den Zielsetzungen des IVL.

Revue: Sie sagten anfangs, Sie seien nicht nur für Autos zuständig. Der letzte Straßenbauminister, der über Fahrradwege geredet hat, war Robert Goebbels, und der ist seit acht Jahren nicht mehr im Amt.

Claude Wiseler: Fangen wir bei den Bussen an. Für die Busspuren auf Staatsstraßen sind wir zuständig. Eine Arbeitsgruppe analysiert alle Einfallstraßen in die Stadt, lotet die Schwachstellen aus und setzt Maßnahmen wie Busspuren, Ampelpriorität und andere in die Wirklichkeit um.

Revue: Und die Radwege?

Claude Wiseler: Die nationalen und lokalen Radwege müssen angebunden werden. Oft gibt es Probleme, etwa wenn ein fahrradgerechter Belag durch ein Renaturierungsgebiet führen muss.

Revue: Ist das nationale Radnetz nicht eher für Freizeitradler gedacht, derweil der Berufsverkehr lokale Radwege benutzt?

Claude Wiseler: Ja, besonders die Radwege in der Hauptstadt sind als Alternative zum Auto im Berufsverkehr angedacht. Sie gehören in den Zuständigkeitsbereich des Schöffenrates der Stadt Luxemburg.

Revue: Mit dem Radweg, der vor Ihrem Ministerium vorbei zum Viadukt führt, haben Sie also nichts zu tun?

Claude Wiseler: Ja und nein. Da es eine Staatsstraße ist, musste ich die Genehmigung erteilen. Das tat ich selbstverständlich gerne, weil ich mit sehr viel Interesse verfolge, was die Stadt für die Radfahrer unternimmt. Besonders im Hinblick auf die Uni Luxemburg wünsche ich diesem Konzept viel Erfolg.

Revue:: Begrüßen Sie auch das Vorhaben von Lucien Lux, Radaranlagen an den Straßen anzubringen?

Claude Wiseler: Das unterstütze ich, doch zusätzlich haben wir begonnen, die Sicherheitsrisiken auf den Straßen zu ermittteln und wenn möglich zu beseitigen. An der Echternacherstraße haben wir den Anfang gemacht. Als nächste ist die gefährliche Straße von Fridhaff nach Wemperhardt an der Reihe.

Revue: Sie sind sicher auch froh über die Autobahnmaut, die Minister Lux in Aussicht stellt. Mit dem Geld können Sie weiter an Ihren Straßen bauen.

Claude Wiseler: (lacht) Würde das von Lucien Lux angesprochene Szenario Wirklichkeit, glaube ich nicht, dass Budgetminister Luc Frieden die Einnahmen aus der Maut zweckgebunden für den Straßenbau zur Verfügung stellen würde.

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