"Mehr Partizipation". La ministre de la Famille et de l'Intégration, ministre de l'Égalité des chances, Marie-Josée Jacobs, au sujet de la nouvelle loi Jeunesse

Revue: Die Jugend soll gesetzgeberisch eingebettet werden. Ist dies nicht übertrieben?

Marie-Josée Jacobs: Die Bezeichnung eingebettet ist für meinen Geschmack etwas zu paternalistisch. Wir wollen keinen bevormunden.

Revue: Warum kommt dieses neue Gesetz gerade jetzt zustande?

Marie-Josée Jacobs: Unsere Gesellschaft hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Luxemburg zählt demnächst 500.000 Einwohner und die Anzahl der Menschen, die unsere Unterstützung benötigen, wird von Tag zu Tag größer. Dazu gehören auch die Jugendlichen. Das geplante Gesetz ist keine Blitzaktion auf den Schülerstreik, wie man fälschlicherweise annehmen könnte, sondern fester Bestandteil der Regierungserklärung.

Revue: Wie ist es allgemein um die Luxemburger Jugend bestellt?

Marie-Josée Jacobs: Es geht ihr gut, allerdings gibt es vermehrt Jugendliche, die Drogenprobleme haben, auf der Straße leben oder aber Gewalt ausgesetzt sind. Trotzdem stört es mich, dass man die Jugendlichen stets mit Problemen assoziiert. Allzu oft pressen wir sie in ein Schema, das nicht der Realität entspricht. Aus diesem Grund wollten wir zunächst eine Bestandsaufnahme machen und dabei den Änderungen innerhalb unseres Landes Rechnung tragen. Zudem hat die Jugendpolitik längst eine europäische Dimension bekommen.

Revue: Welche Botschaften wollten die Schüler Ihrer Ansicht nach mit ihrer Streikaktion vermitteln?

Marie-Josée Jacobs: Die Tatsache, dass sie öffentlich ihren Unmut kundgetan haben, war für mich der klare Beweis dafür, dass sie keine richtige Anlaufstelle haben, wo sie aktiv am politischen Leben teilnehmen können. Partizipation ist eines der Schlüsselworte des geplanten Gesetzes. Wir haben dieses Bedürfnis erkannt und wollen nun eine Plattform schaffen, die dies ermöglicht.

Revue: Es kommt der Eindruck auf, der Jugendpolitik wäre in der Vergangenheit nicht zur Genüge Rechnung getragen worden.

Marie-Josée Jacobs: Ich glaube nicht, dass wir uns zu wenig um die Jugend gekümmert haben. Ich denke, dass dies auf eine andere Art und Weise passiert ist. In den letzten Jahren haben wir ein völlig anderes Bewusstsein entwickelt. Und daraus ergeben sich halt neue Bedingungen.

Revue: Welche?

Marie-Josée Jacobs: Es ist heutzutage sicherlich so, dass es eine Reihe von Jugendlichen gibt, die Probleme in der Schule haben, keinen geeigneten Ausbildungsplatz oder keinen Job auf dem boomenden Arbeitsmarkt finden. Das war früher anders. Es haben sich in der Vergangenheit ganz einfach weniger Fragen bezüglich der Jugendpolitik aufgetan. Stiefmütterlich behandelt wurde dieses Thema aber nicht. Man sollte es zudem vermeiden, alles negativ zu sehen, schließlich bieten sich der Jugend heute andere Perspektiven. Etwa im Ausland studieren oder mit modernen Technologien arbeiten und kommunizieren. All das ist eine riesengroße Chance, vorausgesetzt, der Einzelne macht das Richtige daraus.

Revue: Wie würden Sie das geplante Gesetz kurz skizzieren?

Marie-Josée Jacobs: Die Jugendlichen sollen sich zu verantwortungsbewussten Menschen entwickeln, die die Grundrechte unserer Gesellschaft wie Demokratie, Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern und die Menschenrechte beachten. Nicht die politisch Verantwortlichen sollen für sie entscheiden und ihr zukünftiges Leben vorzeichnen, sondern sie selbst sollen aktiv mitgestalten. Wir sollten auch die Chancen nutzen, die sich dadurch ergeben, dass in Luxemburg viele in einem multikulturellen Umfeld aufwachsen. Wir, und damit meine ich insbesondere die Jugendlichen, können eine Menge von unseren nicht-luxemburgischen Mitbürgern lernen. Dadurch könnte sich das Zusammenleben verbessern.

Revue: Wie soll dies vonstatten gehen?

Marie-Josée Jacobs: Wir haben uns eine Reihe von neuen Instrumenten gegeben, brauchen aber auch eine transversale Herangehensweise. Es wird ein so genanntes Comité interministeriel geschaffen, an dem die verschiedensten Ministerressorts wie Gesundheit, Familie, Unterricht, Arbeit, Kultur und Sport, um nur die zu nennen, teilnehmen. Diese Arbeitsgruppe soll der Regierung Vorschläge unterbreiten, die Koordination und die Verantwortung liegt beim Familien- und Integrationsministerium. Die neue Assemblée Nationale wird dann eine Art Plattform sein, in der die Jugendlichen Meinungen austauschen und zu Problemen Stellung beziehen können. Sie soll wenigstens ein Mal im Jahr tagen. Der Conseil Supérieur de la Jeunesse wird neu organisiert und bekommt eine größere Autonomie. Den Vorsitz übernimmt kein Beamter, sondern ein gewählter Vertreter einer Jugendorganisation - als Garant für die Unabhängigkeit des Gremiums.

Revue: Wie wollen Sie die Probleme der Jugend herausfinden?

Marie-Josée Jacobs: In Zukunft wird das Observatoire de la Jeunesse Studien machen, die Sachlage analysieren und auf Fragen antworten. Erst kürzlich konnten wir nicht an einer Studie von Unicef teilnehmen, weil uns kein Datenmaterial zur Verfügung stand. Wir haben mit dem Centre d'Etudes sur la Situation des Jeunes en Europe (CESIJE) zwar ein solches Instrument, das aber kann diese Aufgaben nur teilweise übernehmen. In Zukunft wird das CESIJE an die Uni Luxemburg angegliedert und wird die Funktion des Observatoire übernehmen, in Zusammenarbeit mit Ministerien, Verwaltungen und Gemeinden.

Revue: Welche Rolle soll der Service Nationale de la Jeunesse haben?

Marie-Josée Jacobs: Seine Missionen werden neu definiert. Er wird in Zukunft die Jugendorganisationen beraten und auch bei der Ausbildung von Animateuren und der Organisation von Events tätig sein. Generell wird seine Aufgabe sein, den Jugendlichen beim Umsetzen der Richtlinien des geplanten Gesetzes zu helfen.

Revue: Wie soll die Zusammenarbeit auf Gemeindeebene aussehen?

Marie-Josée Jacobs: Um eine finanzielle Unterstützung zu erhalten, müssen die Gemeinden gemeinsam mit den Jugendverbänden einen Jugendkommunalplan ausarbeiten. Der muss selbstverständlich den nationalen Vorgaben Rechnung tragen. Dabei wird auch der Service Nationale de la Jeunesse gefordert sein.

Revue: Wir haben viel von den Jugendlichen geredet, die organisiert sind. Wie wollen Sie eigentlich an die herankommen, die nicht in einer Vereinigung sind?

Marie-Josée Jacobs: Dabei zähle ich ganz stark auf die Unterstützung der Jugendhäuser. Der Einzelne muss nicht regelmäßig dorthin gehen, aber immer wird es so sein, dass er dort aktiv mitgestalten und seine eigenen Projekte verwirklichen kann. Mittlerweile ist es auch so, dass sich Jugendhäuser wie ein Netzwerk über unser Land ziehen. Ich wünsche mir auch, dass die Pfadfinder vermehrt Anstrengungen unternehmen, um insbesondere an die ausländischen Jugendlichen ranzukommen.

Revue: Wie sieht denn eine moderne Jugendpolitik aus?

Marie-Josée Jacobs: Bei einer modernen Jugendpolitik sollten die Heranwachsenden auf lokaler und auf nationaler Ebene eine Plattform haben, wo sie sich treffen können. Zudem sollte eine solche Politik Ziele haben, die gemeinsam mit den Jugendlichen definiert werden, im Sinne eines gesellschaftlichen Miteinanders. Nicht zuletzt müssen diese Richtlinien Spaß machen, denn sonst nützt alles nichts. All das wird nur möglich sein, wenn die einzelnen Akteure eng zusammenarbeiten und die sich daraus ergebenden Synergien nutzen. Es muss vernetzt gedacht werden. Sehr wichtig sind aber auch die Öffentlichkeitsarbeit und vor allem der Informationsfluss.

Dernière mise à jour