"Die Betroffenen dürfen nicht die Leidtragenden sein." La ministre de la Famille et de l'Intégration, Marie-Josée Jacobs, au sujet des nouveaux développements dans le domaine des associations pour aveugles

d'Wort: Frau Ministerin, im Interview mit dem "Wort" hat die Präsidentin der neuen Blindenvereinigung AMVA sich dahingehend geäußert, dass die "Blannevereenegung" mehr hätte tun können für die Blinden und Sehbehinderten, die nicht im Berschbacher Blindenheim wohnen. Teilen Sie diese Sicht der Dinge?

Marie-Josée Jacobs: Man kann immer mehr tun. Ich will aber betonen, dass sich die Blindenvereinigung nicht exklusiv um Personen im Heim kümmert. Es gibt den Beratungsdienst "Berodung doheem" sowie den "Service loisirs", die eine Konvention mit dem Familienministerium eingegangen sind. Und ein Mobilitätstrainer hilft den Personen, die etwa täglich den Weg zur Bushaltestelle zurücklegen müssen.

d'Wort: Der Blindenvereinigung haben in der letzten Zeit verhältnismäßig viele Vorstandsmitglieder den Rücken gekehrt. Ihre Vorwürfe reichen von Vetternwirtschaft über einen autoritären Führungsstil bis hin zu mangelndem Interesse für innovative Ideen. Inwieweit sind Sie darüber auf dem Laufenden?

Marie-Josée Jacobs: Ich habe das zur Kenntnis genommen, kann mich aber schlecht in die Arbeit unabhängiger Organisationen einmischen. Die Situation ist vergleichbar mit der bei der Amiperas. Auch hier steht es mir nicht zu, einer Asbl. zu sagen, was sie zu tun hat. Und wenn in einem gewählten Vorstand Streit herrscht, dann ist das in erster Linie eine interne Angelegenheit. Mir sind in dieser Hinsicht die Hände gebunden: Ich kann und will nicht alle Organisationen unter die Kontrolle des Staates stellen! Was wir aber sehr wohl kontrollieren, das sind die konventionierten Bereiche, ob dort gute Arbeit geleistet und das Geld richtig eingesetzt wird. Das ist bei der "Blannevereenegung" eindeutig der Fall.

d'Wort: Die AMVA will ein Ruftaxi einführen, das Blinden, Sehbehinderten, aber auch anderen Behinderten mehr Autonomie geben soll. Wie stehen Sie zu dieser Idee, die auf den Namen Novabus getauft wurde?

Marie-Josée Jacobs: Sicherlich ist das Angebot für die Betroffenen noch ausbaufähig. Wie man dies aber am besten bewerkstelligt, das bleibt zu klären. Zuerst gilt es, die vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen und genau zu prüfen, ob es wirklich ein neues System sein muss oder ob nicht doch Anpassungen in bestehenden Angeboten ausreichen. Synergiemöglichkeiten sollten wir auf jeden Fall ins Auge fassen. Mit zwei Bussen ist es nämlich nicht getan, denn jede Behinderung bringt spezifische Bedürfnisse mit sich.

d'Wort: Bleibt die Frage der Finanzierung. Angeblich hat die Blindenvereinigung bzw. das Blindenheim mehrere Millionen Euro an Reserven angelegt. Sollte dieses Geld für den Novabus eingesetzt werden?

Marie-Josée Jacobs: Hilfsinstitutionen brauchen immer Geld, denn man kann, wie gesagt, immer alles besser machen. Die finanzielle Lage der Asbl. "Blannevereenegung" kenne ich nicht "en détail". Was aber die Konventionen mit dem Staat betrifft, so sind die Finanzen ordentlich geführt. Und bei den Reserven darf man nicht vergessen, dass die Vereinigung 20 Prozent aller Baukosten selbst zu tragen hat.

d'Wort: In Luxemburg gibt es mittlerweile eine ganze Reihe von Vereinigungen, die sich für Blinde und Sehbehinderte einsetzen: Blannevereenegung, Canne Blanche, AMVA, Blannemuppen, "Association des deficients visuels" ... Halten Sie eine Kompetenzenteilung für sinnvoll?

Marie-Josée Jacobs: Dass es so viele sind, sagt schon etwas aus ... Es gibt unterschiedliche Interessen und mit der Zeit ändern sich auch die Bedürfnisse von Betroffenen. Wie es weitergeht, steht zurzeit offen. Vorstellen kann ich mir aber alles. Vielleicht kommt es zu einer Kompetenzverteilung, so dass sich eine Organisation vermehrt um die Heimbewohner, eine andere eher um die Sehbehinderten auf dem Land kümmert. Oder aber eine macht mehrere Sachen gleichzeitig. Ich setze hier auf eine Einigung zwischen den Vereinen, nicht auf eine staatliche Verordnung. Allerdings muss das Interesse der Bedürftigen überwiegen. Es darf nicht sein, dass diejenigen, denen geholfen werden soll, zu den Leidtragenden werden!

d'Wort: Roger Hoffmann ist zurzeit Präsident der "Blannevereenegung" und Direktor des "Blannenheem". Die neue AMVA-Führung empfindet dies als "schwierig". Wie sehen Sie das Nebeneinander von Blindenvereinigung und AMVA?

Marie-Josée Jacobs: Die neue Organisation nimmt Herrn Hoffmann nicht automatisch Kompetenzen ab. Es gilt abzuwarten, wohin sich die Betroffenen orientieren. Die Zukunft wird zeigen, wer in welchen Bereichen den meisten Zulauf hat, dann müssen sich die Vereinigungen positionieren und Schwerpunkte setzen. Da gibt es viele Möglichkeiten und es macht wenig Sinn, sich von vornherein festzulegen und zu sagen: entweder oder ... Jede Behinderung hat ihre ganz eigenen Schwierigkeiten und die gilt es zu lindern - wohlwissend, dass man nicht alles tun kann.

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