"Umsichtig urteilen". Le Premier ministre Jean-Claude Juncker au sujet de son entrevue avec Vladimir Poutine lors de la visite officielle au Luxembourg du Président de la Fédération de Russie

d'Wort: Herr Juncker, der ehemalige Bundeskanzler bezeichnete seinen Duzfreund Wladimir Putin einst als "lupenreinen Demokraten". Ist das denn doch nicht ein bisschen zu viel des Lobes für den russischen Präsidenten?

Jean-Claude Juncker: Wladimir Putin ist ein russischer Demokrat auf dem Weg in die Lupenreinheit, also zu westlichen Standards. Sehen Sie, trotz meines persönlich ausgezeichneten Verhältnisses mit dem Präsidenten der Russischen Föderation gibt es zwischen uns substantielle Meinungsverschiedenheiten.

d'Wort: Etwa in der Menschenrechtsfrage?

Jean-Claude Juncker: Ja, auch dort, aber nicht nur dort. Wir haben uns am Donnerstag doppelt so lange unterhalten als es ursprünglich geplant war. Das hatte vor allem auch damit zu tun, dass wir strittige Themen angesprochen haben. Das ist wichtig, damit man sich ins russische Denken hineinversetzen kann und von europascher Warte aus betrachtet, Reaktionen der russischen Seite richtig verstehen und interpretieren kann. Zum Dialog mit Russland gibt es keine Alternative.

d'Wort: Bleiben wir bei den Grundfreiheiten, mit denen, schenkt man den Berichten von Menschenrechtsorganisationen Glauben, die russische Staatsführung nicht gerade zimperlich umgeht. Haben Sie darüber mit Herrn Putin geredet?

Jean-Claude Juncker: Ja. Wie gesagt: Es gibt Meinungsverschiedenheiten. Daraus mache ich keinen Hehl. Wir machen uns wirklich Sorgen um die Meinungs- und Pressefreiheit in Russland. Und darüber habe ich mich auch mit dem Präsidenten unterhalten. Wobei man natürlich nicht mit Nachsicht, aber immer mit Umsicht urteilen soll.

d'Wort: Das heißt?

Jean-Claude Juncker: Wir stellen uns in Europa Russland manchmal so vor, wie es überhaupt nicht ist. Man darf bei seinem Urteil in bestimmten Fragen die Geschichte und Entwicklung Russlands nicht ignorieren. Wladimir Putin hat das Land in seiner Amtszeit im mancherlei Hinsicht stabilisiert. Vor dem Amtsantritt Putins bestand die Gefahr von struktureller und organisationeller Instabilität. Die Lage sieht heute anders aus. Das wiederum bedeutet nicht, dass der Ist-Zusand uns zufriedenstellen kann. Der Respekt der Menschenrechte hat ganz klar noch nicht den Qualitätsgrad erreicht, den wir uns wünschen.

d'Wort: Thema Kosovo: Auch darüber unterhielten Sie sich mit Präsident Putin?

Jean-Claude Juncker: Ja, und auch hier sind wir anderer Meinung. Putin ist konsequent gegen die Unabhängigkeit.

d'Wort: Und wie sieht es bei den Raketenabwehrplänen der USA aus. Gibt es auch dort Verwerfungen zwischen Juncker und Putin?

Jean-Claude Juncker: Wir sind uns eins, dass verantwortliches Handeln angesagt ist. Wir dürfen keinen Konflikt heraufbeschwören, der im Endeffekt gesamtkontinental destabilisierende Auswirkungen haben könnte. Besonders wichtig ist es, dass wir den Dialog mit allen Parteien pflegen.

Dernière mise à jour