Le ministre des Affaires étrangères, Jean Asselborn, au sujet des résultats du Conseil européen

MDR: Die Delegationsmitglieder der 27 EU-Mitgliedsländer vom Gipfel in Brüssel dürften den gestrigen Ruhetag gut gebraucht haben können, nach diesen schwierigen Verhandlungen. Am Ende dann doch noch ein Kompromiss und damit ist der Weg frei für einen neuen EU-Grundlagenvertrag, allerdings mit Ausnahmereglungen. Die Grundrecht-Charta etwa wird in Großbritannien nicht rechtlich bindend sein und wegen der Polen werden die neuen Abstimmungsregeln erst deutlich später in Kraft treten.

Der Kompromiss von Brüssel wird nun analysiert und bewertet und wir wollen das tun mit einem Mann, der begehrter Gesprächspartner ist bei den Journalisten in Brüssel, weil er auch mal Tacheles redet. Jean Asselborn ist der Außenminister von Luxemburg, jetzt am Telefon. Guten Morgen.

Jean Asselborn: Guten Morgen.

MDR: Herr Asselborn, Sie hatten ja nun ein bisschen Zeit diesen Kompromiss zu verdauen, zufrieden damit?

Jean Asselborn: Also wir hatten auch Nationalfeiertag am Samstag, ich weiß nicht ob ich alles verdaut habe, aber wissen Sie, man muss ja in Europa viel Geduld, viel Nerven haben. Ich glaube, es ist schon ein Schritt in die richtige Richtung, dass wir uns eigentlich selbst in die Lage versetzt haben, aus dem Tunnel herauszukommen.

MDR: Der Ton vor und bei diesem Gipfel, Herr Asselborn, war ungewöhnlich scharf. Der polnische Premierminister etwa plädierte ja kurz vor Beginn noch dafür die Kriegstoten mit in die Berechnung der Stimmanteile einzubeziehen, mischte sich dann auch noch während der laufenden Verhandlungen aus Warschau ein, per Medien. Das klingt nicht nach einem einigen Europa.

Jean Asselborn: Also ich war selbst vor zwei Wochen in Polen, wir haben unsere Botschaft eröffnet. Man hat gesehen in Polen, man hat es auch gespürt und gehört, eigentlich waren die Polen nicht unfroh, dass die Deutschen jetzt die Präsidentschaft hatten, um sehr, sehr viele Forderungen zu stellen. Das muss man klar sehen. Allerdings muss man den Polen vielleicht, genau nach Brüssel jetzt, zeigen, dass Europa keine Strategie ist um immer nur defensiv an die Sachen heranzugehen und dass Europa nicht vorankommt nur wenn Polen gewinnt.

Ich glaube hier, in Polen-Deutschland hat die Geschichte mitgespielt, aber zu guter Letzt haben ja auch die Polen eingesehen, dass diese Isolation nicht das Richtige für sie gewesen wäre und dass wir etwas gefunden haben, was mir persönlich selbstverständlich nicht schmeckt. Praktisch haben wir jetzt noch Nizza bis 2017 für die Polen und das ist nicht das Feinste.

Aber was mich mehr schmerzt, das ist trotzdem die Geschichte der Charta. Ich glaube es ist sehr positiv, dass wir jetzt diese Rechtsverbindlichkeit der Charta haben, nur diese Ausnahme mit England, das ist etwas wo wir auch einen sehr hohen Preis bezahlen für England.

MDR: Wenn man sich noch nicht mal auf den kleinsten gemeinsamen Nenner mehr einigen kann, sondern auch da schon Ausnahmeregeln braucht für einzelne Mitgliedsländer, Sie haben es angesprochen, zeigt das nicht, dass Europa einfach zu schnell zu groß geworden ist und nun buchstäblich an die Grenzen stößt?

Jean Asselborn: Ja, dass wir zu schnell zu groß geworden sind, das war, glaube ich, der Wille der Europäer. Wir hatten uns da mit der Geschichte ins Reine zu bringen. Das, glaube ich, kann man Europa nicht vorwerfen. Dass wir diese Erweiterung gemacht haben nach Osten, ist nur natürlich gewesen, und es wäre eine Katastrophe, wenn wir das nicht fertig gebracht hätten.

Aber jetzt sind wir zu 27, wie Sie auch sagen, in diesem Boot und wir müssen jetzt schauen was wir wirklich wollen. Wollen wir mehr Europa zu einem Zeitpunkt wo die Globalisierung trotzdem eine Antwort von Europa erwartet, nicht von nationalen Staaten, nicht von nationalen Interessen. Und wir müssen auch wissen, dass der Einfluss in Europa nicht abhängt von nackten Zahlen, wie viel Stimmgewichtungen wir haben.

All das muss, glaube ich, jetzt in den nächsten Jahren gelernt werden. Wir müssen ja auch ganz klar sehen, dieser Schritt in Brüssel war entscheidend, aber wir haben ja noch nicht die Arbeit abgeschlossen. In der "intergouvernementalen" Konferenz wird nichts geschehen. Dann müssen wir sehen, dass in einigen Ländern, wenn das fertig ist, zum Beispiel Irland, muss ein Referendum abhalten, in Holland, in Dänemark, in England weiß man nicht. Ich hoffe in Holland haben wir die Sache gelöst. Wenn wir jetzt unser Programm einhalten und am 23. Juli anfangen mit der Regierungskonferenz, um vielleicht schon im Oktober abzuschließen, kommt noch ein Jahr wo einige Spannungen sicher auftreten werden.

MDR: Herr Asselborn, ganz kurz zum Schluss, Ihr Fazit der deutschen Ratspräsidentin Angela Merkel?

Jean Asselborn: Ja, also ich glaube, dass Angela Merkel und auch Frank Steinmeier das gemacht haben was eine Präsidentschaft eigentlich im guten Sinne zu tun hat. Sie haben Konzessionen gemacht zum Schluss, das geht nicht anders bei einer Präsidentschaft, aber sie haben das Wesentliche nicht über Bord geworfen. Ich glaube, dass die Deutschen immer im Kopf hatten, wenn wir zuviel nachgeben, haben wir sehr große Probleme mit den 18 die "Ja" gesagt haben zu einem Verfassungsvertrag. Das war eine sehr schwierige Balance, ein Balanceakt, aber das haben die Deutschen glaube ich mit sehr viel Bravour gemacht und ich jedenfalls danke ihnen für diesen ganzen Einsatz.

MDR: Grosses Lob von Jean Asselborn, er ist der Außenminister von Luxemburg. Vielen Dank fürs Gespräch.

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