"Die Zuwanderung stoppen". Nicolas Schmit au sujet de la politique d'immigration

d'Wort: Luxemburg ist und bleibt ein Einwanderungsland. Darin ist sich die Politik hierzulande einig. Weil sich der Arbeitskräftebedarf in Zukunft nicht mehr allein aus der Grenzregion und Europa abdecken lassen wird, wird die Immigration verstärkt asiatisch und afrikanisch geprägt sein.

Herr Minister, immer wieder bezahlen Bootsflüchtlinge den Versuch nach Europa zu gelangen mit ihrem Leben. Lassen sich solche Tragödien durch eine richtige Immigrationspolitik vermeiden?

Nicolas Schmit: So tragisch die Bilder auch sind, sollten wir nicht aus den Augen verlieren, dass die Zahl der illegalen Flüchtlinge insgesamt und somit auch die Zahl der Opfer konstant zurückgeht. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Zum Beispiel hat sich der Dialog als fruchtbar erwiesen, den wir mit manchen Herkunftsländern geführt haben. Auch bemühen wir uns, den Menschen die Augen zu öffnen, ehe sie sich auf den Weg nach Europa begeben. Und natürlich hat die EU den Schutz ihrer Außengrenzen intensiviert.

d'Wort: Wobei man den Eindruck hat, dass die EU nur mit repressiven Mitteln gegen die Migrationsströme vorgeht. Damit ist den Menschen in den Entwicklungsländern aber nicht wirklich geholfen.

Nicolas Schmit: Weil es sich bei Frontex um ein relativ junges Organ handelt, ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Grenzsicherungsagentur derzeit alle Blicke auf sich zieht. Die Bemühungen, die die EU sonst noch im Kampf gegen die illegale Einwanderung unternimmt, fallen demgegenüber weniger spektakulär aus.

d'Wort: Es sind ja nicht unbedingt die Ärmsten, die von Afrika nach Europa aufbrechen. Wirtschaftlicher Wohlstand allein wird die Migrationsströme also nicht versiegen lassen.

Nicolas Schmit: Die Gründe, weshalb ein Mensch seine Heimat verlässt, sind vielfältig. Die meisten fliehen vor der grassierenden Armut. Und in dieser Hinsicht wäre schon viel getan, wenn die reicheren Länder ihre Entwicklungshilfe wirksamer ausrichten würden. Neben der wirtschaftlichen Not gibt es auch andere Gründe: etwa die politische Ausweglosigkeit, oder die hohe Erwerbslosigkeit auch unter gut ausgebildeten Arbeitskräften. Solange es für diese Menschen verlockend bleibt, die Heimat zu verlassen, müssen wir Wege finden, sie legal nach Europa einreisen zu lassen. Dass diese Zuwanderung für die Gastländer nicht unbedingt von Nachteil sein muss, hat Spanien gezeigt, dessen Wirtschaft ohne die Immigranten nicht in dem Maß gewachsen wäre. Auf EU- Ebene sind wir daher darum bemüht, die legale Zuwanderung zu steuern.

d'Wort: Stichwort zirkuläre Migration.

Nicolas Schmit: Wobei ich klarstellen möchte, dass ich darunter keine Abwandlung des Gastarbeiter-Konzepts aus den 60er-Jahren verstehe, weil nach der Rückkehr in das Ursprungsland ja eine erneute Einwanderung nach Europa nicht ausgeschlossen ist. Ich sehe in der zirkulären Migration eher einen erfolgsversprechenden Versuch, das Gleichgewicht zwischen Entwicklungshilfe und Migration herzustellen, weil die Betroffenen die in Europa gewonnenen Erfahrungen erfolgreich in ihrer Heimat anwenden können. Und damit der Anreiz zur Rückkehr größer wird, müssen wir in die wirtschaftliche und demokratische Stabilität der Herkunftsländer investieren. Hier könnten wir die Erfahrungen einbringen, die wir im Bereich der Mikrofmanz gesammelt haben. Von den zuständigen EU-Kommissaren erwarten mein Kollege Jean-Louis Schütz und ich daher Vorschläge, wie man die Migranten, die regelmäßig mehr oder weniger bedeutende Summen in ihre Heimat überweisen, zu innovativen Investitionen anregen könnte.

d'Wort: Bislang war die Immigration in Luxemburg überwiegend europäisch geprägt. Die Zuwanderer aus Afrika genossen nicht unbedingt den besten Ruf.

Nicolas Schmit: Weil die Öffentlichkeit sie mit den Drogenhändlern identifizierte, die eine Zeitlang regelrechte Verbrechernetzwerke etabliert hatten. Bei den Straftätern handelte es sich aber bloß um eine Minderheit unter den Asylbewerbern afrikanischen Ursprungs. Mittlerweile hat die Polizei das Problem recht gut im Griff.

d'Wort: Kann man illegale Immigration per Gesetz unterbinden?

Nicolas Schmit: Der Entwurf des neuen Zuwanderungsgesetzes sieht zwar schärfere Strafen vor. Allerdings richten sich diese nicht gegen den einzelnen Immigranten, sondern gegen die Umstände, die eine illegale Einreise ermöglichen. Das heißt, die Schlepperbanden oder die Arbeitgeber, die Mitarbeiter ohne geregelte Aufenthaltsgenehmigung beschäftigen.

d'Wort: Das neue Immigrationsgesetz hat vor allem hochqualifizierte Arbeitskräfte im Visier. Wäre damit unser Arbeitskräftebedarf abgedeckt?

Nicolas Schmit: Weil das europäische Arbeitskräftereservoir den luxemburgischen Finanzplatz angeblich nicht mehr zufriedenstellt, ist es nicht weiter verwunderlich, dass der Entwurf zum neuen Immigrationsgesetz in erster Linie die Hochqualifizierten anvisiert. Wir werden aber auch auf weniger gut ausgebildete Arbeitskräfte angewiesen sein, wenn wir unsere Altenpflege zum Beispiel weiter ausbauen wollen.

d'Wort: Wäre es angesichts der Herausforderung Zuwanderung nicht besser, die politische Zuständigkeit hierfür in einem einzigen Ressort zu bündeln?

Nicolas Schmit: Was nützt es einem Minister, eine bessere Integration der Ausländer einzufordern, wenn er seine Worte nicht in Taten umsetzen kann? Statt eines Superministeriums wäre mehr Kohärenz in der Regierungspolitik angebracht. Die ersten Ansätze haben wir, wenn auch erst seit kurzem, in die Wege geleitet.

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