Jean-Asselborn au sujet du Conseil européen

Bayrischer Rundfunk: Guten Morgen, Herr Minister.

Jean Asselborn: Guten Morgen, Herr Meyerhöfer.

Bayerischer Rundfunk: Herr Asselborn, ein zentrales Thema soll ja bei diesem Gipfel der Klimawandel sein. Da erwartet die EU, wegen der für Afrika vorhergesagten Dürren, Millionen von Umweltflüchtlingen noch zusätzlich zu den Scharen die jetzt schon aus Afrika in die EU dringen. Wird es da eine weitere, härtere Abschottung geben, oder ist auch ein Kontingent vorstellbar von Aufnahmemöglichkeiten?

Jean Asselborn: Ich glaube dass die Abschottung keine Lösung ist. Ich sehe drei Instrumente, die wir einsetzen müssen. Das schwierigste ist natürlich vor Ort, in den afrikanischen Entwicklungsländern, zu helfen. Sie wissen, dass wir uns unter Luxemburgs Ratspräsidentschaft 2005, grosse Ziele gesetzt haben. Wir wollen bis 2010 0,5% -- und bis 2015 sogar 0,7%, -- des Bruttonationaleinnahmekommes in der Europäischen Union für Entwicklungshilfe ausgeben. Das ist also das allerwichtigste. Wenn wir dieses Ziel erreichen könnten, hätten wir viele Probleme der Armut in Afrika gelöst und wir wären schon auf einem besseren Wege. Dann das Zweite [wird unterbrochen]

Bayerischer Rundfunk: Haben wir uns dem Ziel denn schon genähert?

Jean Asselborn: Was die Entwicklungshilfe betrifft, sind wir zum Beispiel in Luxemburg bei 0,9% des Bruttonationaleinkommens. Deutschland macht sehr grosse Fortschritte. Die anderen Länder, sagen wir die Gründungsländer, haben natürlich da einen Vorteil, die neuen Länder im Osten Europas haben es etwas schwieriger.

Aber das Zweite ist, und das ist sehr wichtig, dass man das auch den Menschen erklärt. Es gibt die legale Immigration, die wir wirklich auch auf einen besseren, auf einen höheren Level setzen müssen. Das ist die zirkulare Mobilität, das heisst, dass legale Immigranten aus Afrika nach Europa kommen können, hier das Know-how erlernen, und dann in ihre Heimat wieder zurückkehren können, um dort ihr Wissen anzubringen. Das ist, glaube ich, etwas was wir sehr ausgeprägter organisieren müssen. Illegale Einwanderung, wissen Sie, das müssen wir vermeiden, denn wir schaffen es sonst nicht diese Probleme alle zu lösen.

Bayerischer Rundfunk: Könnte das Handling dieser Zirkulation, wie Sie es gerade genannt haben, vielleicht eine der Aufgaben sein dieser Mittelmeerunion, auf die sich da Herr Sarkozy und Frau Merkel geeinigt haben, und die ja wohl auch im Mittelpunkt stehen soll der Beratungen in Brüssel?

Jean Asselborn: Ob sie sich geeinigt haben, das werden wir sehen. Sie haben sich geeinigt, die Mittelmeerunion heute vorzustellen. Sie wissen, dass 1995 der Barcelona-Prozess erfunden wurde. Dieser findet auf 4 Ebenen statt: auf politischer, ökonomischer finanzieller und kultureller Ebene. Ein Beispiel für die Zusammenarbeit auf kultureller Ebene ist zum Beispiel Anna Lind-Fundation, die sie ja kennen.

Wir müssen auch wissen, dass das Euromed Forum die einzige Plattform ist, auf der sich Israeli und Palästinenser, Syrer und Libanesen zusammen treffen, ausserhalb der UNO. Ich meine also, dass alles was jetzt geschieht ja nur komplementär zum Barcelona-Prozess sein kann. Und: es muss einen Mehrwert bringen. Dieser Mehrwert könnte zum Beispiel eine bessere Zusammenarbeit sein. Dann ist das vollkommen in Ordnung. Die 27 müssen mit am Tisch sitzen, das ist auch klar. Ich glaube man sollte sich nicht zu viele Sorgen darüber machen. Es wird einen Kompromiss geben, es wird aber keine Revolution geben, was die Zusammenarbeit zwischen der EU und den südlichen Ländern betrifft.

Bayerischer Rundfunk: Herr Minister, Ihr Land, Luxemburg war eins der ersten, das das Kosovo anerkannt hat. Woher kommt diese grosse Sympathie, und Präferenz für das Kosovo gegenüber Serbien, Jahre nachdem der Diktator dort vertrieben und tot ist?

Jean Asselborn: Luxemburg, haben Sie richtig gesagt, ist ein kleines Land und spielt keine überragende Rolle in solchen Fragen. Aber Luxemburg war solidarisch mit vielen Ländern der Europäischen Union, als die Grossen, die in der Kontaktgruppe waren, eine gemeinsame Basis gefunden haben. Wir haben uns solidarisch erklärt und das war auch abgemacht. Es sind 12 Länder die sich abgesprochen hatten, direkt beim ersten Zug dabei zu sein. Darum hat Luxemburg das gemacht.

Was jetzt im Kosovo geschieht, war vorabsehbar. Es war gewusst, dass es eine sehr sensible Phase wird. Da müssen wir selbstverständlich schauen, dass wir -- wie Sie richtig sagen -- den Serben die Hand reichen. Wir müssen sehen, dass die Serben das annehmen. Und wir müssen auch schauen, dass es im Kosovo weder zu einer soft partition vom Norden noch zu überzogenen Reaktionen kommt.

Die UNO wird weiterhin eine wichtige Rolle spielen im Kosovo. Ich glaube sogar, dass es im Norden vom Kosovo keine Eulex-Mission geben wird, sondern am Anfang eine UN-Lex-Mission. Das heisst, hier ist grosse Sensibilität zu zeigen. Ich glaube, dass es vielleicht noch 10 Jahre dauert, bis hier wirklich akzeptiert wird, dass der Kosovo ein unabhängiges Land ist. Aber es ist die Europäische Union, die da mithelfen muss, dass es nicht zu Instabilitäten kommt.

Bayerischer Rundfunk: Das waren Auskünfte von Jean Asselborn, dem luxemburgischen Aussenminister. Herr Minister, ich danke Ihnen sehr für das Gespräch.

Jean Asselborn: Bitte.