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Jean Asselborn au sujet de l'architecture de sécurité en Europe
Wolf von Leipzig: Was erwarten sich die Europäer in puncto Sicherheit?
Jean Asselborn: Auf der einen Seite hört der europäische Bürger, dass wir über ein europäisches Raketenabwehrschild streiten, auf der anderen Seite besteht die Bedrohung, dass in Kaliningrad neue Raketen stationiert werden. Der Bürger will, dass endlich auch abgerüstet und nicht weiter aufgerüstet wird. Der Bürger will auch, dass wir (bei den Georgien-Gesprächen) in Genf zu Ergebnissen zur Stabilität im Kaukasus kommen. Der Bürger will allgemein, dass Europa, Amerika und Russland bei den Themen Iran, Nahost und Afghanistan zusammenarbeiten.
Wolf von Leipzig: Muss die europäische Sicherheitsarchitektur überholt werden?
Jean Asselborn: Wir haben die Instrumente, jetzt geht es darum, diese mit politischem Willen zu erfüllen. Es muss ein politischer Input für die Sicherheit auf dem europäischen Kontinent erfolgen. Darüber hinaus muss der politische Wille zur Zusammenarbeit bestehen. Dieser politische Wille bestand ja auch in den ersten Jahren nach dem Mauerfall. Statt zu wachsen, ist dieser enorm abgeflaut.
Der springende Punkt ist: Diesseits wie jenseits haben wir genug Instrumente, doch es fehlt der politische Wille, diese Instrumente einzusetzen, um die Sicherheit der Bürger zu vergrößern. Was heißt das, wenn Russland sagt, wir verteidigen unsere Interessen überall dort, wo Menschen mit russischem Pass leben? Wenn dieses Prinzip gilt, wird es sehr gefährlich. Dies geht extrem weit, und ich weiß nicht, wie dies in ein Sicherheitskonzept passt.
Wolf von Leipzig: Und wie lautet Ihre Definition von Sicherheit?
Jean Asselborn: Wenn man von Sicherheit spricht, muss man auf einem vertretbaren Niveau ansetzen. Ob man die Welt tausendmal oder tausendundeinmal mit Atombomben zerstören kann - die "Sicherheit" ist die gleiche. Aber wie viel Energien, wie viel Potenziale gehen dafür verloren, anstatt das zu machen, was für die Sicherheit fundamental ist? - nämlich in die Millenniumsziele zu investieren: den Hunger in der Welt und Krankheiten wie Aids zu bekämpfen. Dieser Punkt ist von kapitaler Wichtigkeit. Sicherheit erzielt man nicht durch mehr Raketen, mehr Panzer oder mehr Strukturen. Dauerhafte Sicherheit erfordert, die Probleme an den Wurzeln anzupacken. Wir haben einen neuen Präsidenten in Russland und bald einen neuen US-Präsidenten. Wir dürfen jetzt nicht den Moment verpassen, die Dinge zum Positiven zu wenden.