Jean-Claude Juncker au sujet de l'accession de Barack Obama à la présidentielle américaine

Friedbert Meurer: Was erwartet die EU vom neuen Präsidenten Barak Obama? Was kommt auf die Europäische Union zu? In Brüssel begrüsse ich den luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker. Er ist auch Vorsitzender der Euro-Finanzminister, der so genannten Eurogruppe. Guten Morgen, Herr Juncker.

Jean-Claude Juncker: Guten Morgen.

Friedbert Meurer: Vielleicht noch einen Blick zurück erstmal. Was wird Ihnen von George Bush in Erinnerung bleiben?

Jean-Claude Juncker: Es ist ein sehr durchwachsenes Bild, was Bush in der amerikanischen und in der Weltgeschichte hinterlassen wird. Er war Präsident am 11. September 2001, und ihm war die Unterstützung der gesamten Welt sicher.

Er hat das Vertrauen, auch das Mitfühlen, das viele mit den USA hatten, ich sage nicht missbraucht, aber auf jeden Fall verspielt. Er wird viel in Erinnerung bleiben als jemand, der versucht hat die Probleme der Welt nach Massgabe unilateraler amerikanischer Herangehensweise zu lösen.

Die Hoffnung ist jetzt gross, dass die USA weniger auf sich selbst konzentriert sind, sondern sich dem Denken, und den Gedanken anderer stärker öffnen werden.

Friedbert Meurer: Um das Bild vollständig zu machen: Hat George Bush in seiner zweiten Amtszeit die Beziehungen, zum Beispiel zu den transatlantischen Partnern, wieder repariert?

Jean-Claude Juncker: Er hat sie nicht in vollem Umfang repariert, aber er hat die transatlantischen Partner, also die Europäer, wesentlich ernster genommen in seiner zweiten Mandatshälfte als in seiner ersten. Das war im Übrigen, mit anderen Vorzeichen, bei Bill Clinton auch so. Sein erstes Mandat war nach innen gerichtet, erst in seiner zweiten Amtszeit ist er zu einer regelrechten Freundschaft mit den Europäern aufgelaufen.

Friedbert Meurer: In Europa, in Deutschland, auch in anderen europäischen Ländern ist die Vorfreude auf Barak Obama gross, vielleicht zu gross?

Jean-Claude Juncker: Ich bin Realist in der Einschätzung dessen, was in den USA vor sich geht. Ich bin auch ein bisschen angesteckt, wie viele von uns, von dieser Aufbruchsstimmung die es in Amerika fast zum Anfassen gibt. Es wäre gut, wenn sich von dieser amerikanischen Aufbruchsstimmung einiges nach Europa transplantieren liesse.

Aber ich denke mir, dass der amerikanische Präsident sehr viel Energie darauf verwenden wird die Amerikaner und, im Zusammenschluss mit anderen, den Rest der Welt aus der globalen Wirtschaftskrise heraus zu führen. Ich glaube nicht, dass er in seinen Anfangsjahren die totale Energie in sein aussenpolitisches Tun investieren wird, aber die Hoffnung ist gross, dass wir jetzt einen zuhörenden Gesprächspartner im Weissen Haus haben, jemanden der versteht, dass ein Land, nämlich das grösste Land der Welt, die Probleme des Planeten nicht alleine wird lösen können.

Aber er wird sehr schnell von der Wirklichkeit eingeholt werden. Ich hoffe trotzdem, dass von dem Anfang, von dem Zauber des neuen Anfanges möglichst viel übrig bleibt.

Friedbert Meurer: Barak Obama wird ziemlich viel Geld in die Hand nehmen um gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise vorzugehen, möglicherweise ein Konjunkturpaket bis zu einer Billion Dollar. Was wird das für Europa bedeuten?

Jean-Claude Juncker: Dies ist eine Grundvoraussetzung, damit die Konjunkturpakete die in Europa geschnürt wurden und werden, volle Wirkung entfalten können. Es ist nicht vorstellbar, dass wir in Europa Konjunkturpakete schnüren und in die Nachfragelücke aus Staaten einspielen würden, und die Amerikaner würden genau das Gegenteil tun. Dass wir uns auf beiden Seiten des Atlantiks in dieselbe Richtung auf den Weg machen, verspricht eine Art und Weise uns aus der Wirtschaftskrise heraus zu bewegen, die in sich schlüssig ist, weil die transatlantischen Partner in genau dieselbe Richtung marschieren.

Friedbert Meurer: Andererseits, wenn die USA unter Obama zum Beispiel die Automobilindustrie kräftig subventionieren, wird uns das vielleicht noch Probleme beschaffen?

Jean-Claude Juncker: Das wird selbstverständlich Probleme schaffen. Es kann ja nicht so sein, dass die Amerikaner auf Dauer ihren Automobilsektor mit staatlichen Subventionen über Wasser halten, und dass wir in Europa dies nicht so tun könnten. Worauf es ankommt ist die Notwendigkeit, dass die Regelungen der internationalen Handelsorganisation zur Anwendung gelangen. Hier darf es keine einseitigen protektionistischen Vorgehensweisen der Amerikaner geben, ansonsten wird es Zoff geben.

Friedbert Meurer: War das schon ein Beispiel für beginnenden Protektionismus, mit der Autoindustrie?

Jean-Claude Juncker: Einige Zwischenzungenschläge der neuen amerikanischen Administration lassen vermuten, dass sie zu protektionistischen Handlungen und Haltungen sehr wohl im Stande wären. Wir werden darüber mit den Amerikanern reden müssen.

Ich gehe auch auf dem Punkt davon aus, dass sich aus Gesprächen und aus Kontakten der Stoff ergeben wird, aus dem die Zukunft der amerikanischen und auch der europäischen Automobilindustrie gemacht werden wird.

Friedbert Meurer: Das Konjunkturprogramm in den USA wird durch neue Schulden finanziert werden. Was kann das am Ende für die Finanzmärkte und für uns bedeuten?

Jean-Claude Juncker: Mir macht das, wie auch anderen europäischen Finanzministerkollegen, die allergrössten Sorgen. Die globalen Ungleichgewichte werden zunehmen. Dies wird einem ordnungsgemässen Entwirren der Finanzmarktverwicklungen nicht zuträglich sein. Die Amerikaner müssen sehr genau darauf aufpassen, dass sie sich nicht überschulden, und sich die ständig erweiternden Defizite anhäufen.

Friedbert Meurer: Um jetzt doch nicht nur den Amtseintritt madig zu machen, reden wir mal über das Emotionale, das die Europäer und die Deutschen bewegt, was Sie ja selbst gesagt haben. Was geht in Ihnen da vor, wenn Sie das jetzt beobachten, dieses Riesenspektakel in Washington?

Jean-Claude Juncker: Ich wollte den Amtsantritt keineswegs madig machen, sondern höflich Ihre Fragen beantworten.

Friedbert Meurer: Das ist absolut richtig.

Jean-Claude Juncker: Sie haben mich dazu regelrecht gezwungen, und ich habe mich gerne, weil ich ja Wachs in Ihren Händen bin, dazu verleiten lassen.

Ich lasse mich von diesem Spektakel nicht allzu sehr beeindrucken, aber ich lasse mich sehr beeindrucken von dem, was hinter dem Spektakel steht. Hier wird jemand der 44. Präsident der USA, der aus einem Umfeld kommt, das nicht typischerweise so ist, dass es amerikanische Präsidenten hervorbringt.

Es wird zum ersten Mal jemand Präsident, der aus einer amerikanischen Minderheit kommt, ein schwarzer Präsident. Es wird jemand Präsident, der den Minderheiten in den USA neue Hoffnung gibt. Dies wird der amerikanischen Gesellschaft gut tun. Ich denke, es wird auch eine sanftere Präsidentschaft nach innen werden.

Friedbert Meurer: Was können wir Europäer denn von Obama vielleicht lernen, dass er so sehr, zumindest grosse Teile der Bevölkerung mitreissen kann?

Jean-Claude Juncker: Ich denke, dass er so zu sprechen weiss wie die Menschen es gerne hören. Das heisst, eine offene, ehrliche Art Probleme zu benennen, auch Möglichkeiten und Wege zu zeigen wie man aus Krisen herauskommt. Er hat die vergangenen Tage dazu benutzt, den Amerikanern deutlich zu machen, dass die Grösse eines Landes sich in der Krise zeigt, und nicht in Normalzeiten.

Ein Ehrenplatz in der amerikanischen Geschichte ist Obama heute schon sicher, und wenn es ihm gelingt die Amerikaner aus dem Rezessionsloch herauszuführen, und damit auch wirtschaftliche Kräfte sonst wo in der Welt neu anzufachen, dann würde er auch als jemand in die amerikanische Geschichte eingehen, der im richtigen Moment an der richtigen Stelle das richtige Amt besetzt hat.

Friedbert Meurer: Jean-Claude Juncker, luxemburgischer Ministerpräsident, heute Morgen bei uns im Deutschlandfunk, vor dem Amtsantritt von Barak Obama. Herr Juncker, schönen Dank und Aufwiederhören.

Jean-Claude Juncker: Danke, tschüss.

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