Jean Asselborn au sujet des propos du ministre allemand Peer Steinbrück

Christophe Nufer: Der Außenminister Luxemburgs ist offenbar sehr verärgert über die Äußerungen vom Finanzminister Steinbrück. Es gab sogar eine Resolution im Parlament. Wieso ist Luxemburg so verärgert?

Jean Asselborn: Es ist das erste Mal seit Kriegsende, dass im luxemburgischen Parlament, dazu noch mit Einstimmigkeit, eine Resolution angenommen wurde, gestern Morgen, gegen die Position, gegen die Stellungnahme eines deutschen hochrangigen Politikers. Man kann das jetzt selbstverständlich ansehen als etwas Nebensächliches, aber es ist nicht nebensächlich, im Gegenteil.

Christophe Nufer: Was stört denn die Luxemburger so?

Jean Asselborn: Es stört vor allem der Tonfall. Ich glaube, dass Deutschland sich investiert um Steuerhinterziehungen zu unterbinden. Das ist nicht nur sein Recht, das ist seine Pflicht. Aber der Ton stört uns: wenn man sagt, Schweiz, Österreich, Luxemburg, Ouagadougou, da stimmt etwas nicht. Da kommt Arroganz herüber, da kommt auch Erniedrigung herüber.

Wissen Sie, Luxemburg ist ein Land was nach dem zweiten Weltkrieg sehr, sehr viel gemacht hat, auch Dank unserer Kultur, um die Franzosen und die Deutschen wieder zusammen zu bringen. Wir haben uns sehr stark investiert in diesem Aufbau Europas. Deswegen haben wir, was unsere Kultur der Rechtstaatlichkeit angeht, keine Lektion zu bekommen, auch nicht von den Deutschen. Selbstverständlich sind wir nicht besser als die Deutschen, aber auch nicht schlechter.

Darum glaube ich, dass wir hier wieder einen zivilisierten Tonfall finden müssen, wo nicht Erniedrigung und Arroganz durchsickert.

Christophe Nufer: Was wollen Sie jetzt konkret tun, dass diese Äußerungen von Herrn Steinbrück aufhören, es war ja nicht das erste Mal, Stichwort Indianer, Peitsche, Ouagadougou?

Jean Asselborn: Nein, also wir werden nichts unternehmen um Herrn Steinbrück zu stoppen. Ich glaube die Vernunft sollte Herrn Steinbrück stoppen und auch (ënnerbrach)

Christophe Nufer: Sie haben doch mit Herrn Steinmeier gesprochen, dass er auf ihn einspricht, dass das jetzt aufhört.

Jean Asselborn: Ja, ich wollte Ihnen das jetzt sagen. Ich glaube, zu allererst sollte Herr Steinbrück einsehen, dass er sehr, sehr viel Schaden anrichtet.

Das Bild, das wir Luxemburger von Deutschland haben, ist ein sehr positives Bild. Dieses Bild wird verzerrt, wird zerquetscht, wenn diese Angriffe, dieser Tonfall sich weiter entwickelt.

Darum glaube ich, dass zum Beispiel ein Mann, ein Freund und Kollege, der Deutsche Außenminister Steinmeier, das spürt. Der weiß das. Er ist zuständig für die diplomatischen Beziehungen des großen Deutschlands mit seinen kleineren Nachbarn. Und hier kommt das Gefühl, glaube ich, ganz klar zum Ausdruck, dass vor allem ein Mann wie Steinmeier, der mit den baltischen Ländern, mit den Benelux-Ländern, wie auch mit anderen Ländern, wie die Schweiz, versucht sehr gute Beziehungen aufzubauen, und der auch zeigt, dass er versteht, dass Europa nicht nur in Berlin, in London und in Paris lebt, sondern dass viele, alle 27 impliziert sein müssen.

Ich bin überzeugt, dass er es fertig bringt Herrn Steinbrück zu sagen: Stopp, wir ziehen jetzt die Bremse und wir fangen wieder an uns zivilisiert zu benehmen. Auch wenn wir über andere Länder, und über dieses komplexe Thema Steuerhinterziehung und Bankgeheimnis reden.

Christophe Nufer: Sie haben jetzt gerade die deutsche Bundeskanzlerin getroffen. Hat Sie sich geäussert zu dieser Sach?

Jean Asselborn: Man soll ja nie in der Politik über private Gespräche reden. Ich bin aber überzeugt, dass auch von der Bundeskanzlerin ganz klar verstanden wird, dass effektiv dies nicht nur, sagen wir einmal, Applaus finden kann von einer populistischen Seite in Deutschland. Vielleicht sogar findet es auch viel Applaus.

Aber in die Tiefe schadet das Deutschland. Es schadet der deutschen Politik, und es schadet auch den Parteien. Ich bin ja ein Sozialdemokrat, wenn Sie das hören wollen, sie schadet uns selbstverständlich, aber es schadet darüber hinaus auch, glaube ich, der ganzen deutschen Politik.

Und wenn man im Wahlkampf ist, wie zum Beispiel wir in Luxemburg, dann muss man sehr, sehr gut aufpassen, dass in dieser sensibelen Zeit selbstverständlich keine Verallgemeinerungen jetzt zum Vorschein kommen. Ich bin nicht jemand, der jetzt sagt, ich fühle mich jetzt 70 Jahre zurück versetzt, aber trotzdem ist die Vergangenheit noch in den Köpfen von vielen Leuten. Es kommen Ressentiments auf, von denen ich eigentlich geglaubt hätte, dass die Geschichte sie längst begraben hätte. Aber die kommen dann rauf, und das ist schlecht für jede Partei, und für die gesamte deutsche Politik.

Christophe Nufer: Man hört dass Premierminister Juncker sehr verbittert sei, dass offenbar Funkstille herrsche zwischen Deutschland und Luxemburg auf diplomatischer Ebene. Stimmt das?

Jean Asselborn: Also die beiden Aussenminister reden miteinander.

Christophe Nufer: Und Herr Juncker?

Jean Asselborn: Sie müssen wissen, dass wir eine Koalitionsregierung in Luxemburg haben. Das eine sind die Christdemokraten, das andere sind die Sozialdemokraten. Ich kann mir keine Funkstille vorstellen. Ich weiss was ich zu tun habe als Aussenminister, ich kann mir aber nicht vorstellen, dass jetzt absolute Funkstille auf Seiten der Christdemokraten herrschen würde.

Christophe Nufer: Vielen herzlichen Dank.

Jean Asselborn: Bitte.