"Index-Warenkorb wird nicht moduliert", Etienne Schneider au sujet de ses priorités, de l'index et de la politique en matière d'énergie

Tageblatt: Die vergangenen Monate waren für Sie wahrscheinlich sehr bewegte. Wie haben Sie persönlich die Zeit seit Ihrer Nominierung als Wirtschaftsminister bzw. seit der Rücktrittsankündigung von Jeannot Krecké erlebt?

Etienne Schneider: Meine Partei hat mich schon lange vor der offiziellen Bekanntgabe des Rücktritts von Jeannot Kreck gefragt, ob ich dieses Amt übernehmen wolle. Demenstprechend war die Ankündigung Jeannot Krecks keine Überraschung. Einiges sprach dagegen, dass ich das Angebot annehme: Nachdem ich mein gemeindepolitisches Mandat in Kayl aufgegeben hatte, stellte ich fest, dass es neben meinem Job auch noch ein gewisses Privatleben gab. Außerdem war ich nicht Opfer einer permanenten Beobachtung. Allerdings, nachdem man den Posten des Wirtschaftsministers an mich herangetragen hatte, habe ich meine Pläne, mich nach einem Rücktritt Jeannot Krecks selbstständig zu machen, verworfen. Denn der Posten des Wirtschaftsministers stellt in Zeiten einer der schlimmsten Wirtschaftskrisen der Geschichte nicht nur eine enorme Herausforderung dar, sondern ist zugleich auch eine große Ehre. Gleichzeitig bin ich der Meinung, dass politische Mandate auf zwei Legislaturperioden limitiert sein sollten. Dies würde der Demokratie meiner Meinung nach relativ gut tun. Viele der heute aktiven Regierungsmitglieder waren schon aktiv, als ich noch klein war. Wenn es zu dieser Einschränkung käme, könnten Politiker auch unpopuläre, unbequeme Entscheidungen, unabhängig vom Wählerwillen, treffen.

Tageblatt: Sie erklären, Sie seien Jeannot Krecke sehr nah. Aber: Was unterscheidet Sie? Im Charakter? Politisch?

Etienne Schneider: Ich bin allgemein ein eher positiver eingestellter Mensch als Jeannot Kreck. Jeannot Kreck wurde oft als Atlas wahrgenommen, der alles Unheil der Welt schultern würde. Ich bin ein positiverer Mensch. Allerdings wird meine politische Ausrichtung aufgrund meiner bisherigen Laufbahn im Wirtschaftsministerium eine ähnliche sein.

Tageblatt: Also alles wie gehabt?

Etienne Schneider: Nein, ich will den derzeitigen Krisendiskurs ändern. Ich will die derzeitigen Diskussionen positiver gestalten. Einerseits: Die Bäume in Luxemburg wachsen nicht in den Himmel. Das müssen alle Parteien verstehen. Andererseits müssen wir die Diskussionen um den Index beenden. Wir müssen den Bürgern die Realitäten erklären. In diesem Sinne werde ich mich in Kürze mit den Gewerkschaften sowie mit den Unternehmensverbänden treffen. Meiner Meinung nach reicht es aus, an kleinen Schrauben zu drehen, um große Wirkungen zu erzielen. In diesem Sinne will ich mich in den kommenden Wochen mit Gewerkschaften und Patronatsvertretern treffen.

Tageblatt: Sie wollen infrastruktureh etwas vorantreiben?

Etienne Schneider: Verschiedene Sachen liegen mir am Herzen. Erstens: Ich will, dass die umstrittene Hochspannungsleitung nach Frankreich gezogen wird. ArcelorMittal braucht diesen Strom. Über diesen Weg oder über einen anderen. Wenn die Leitung nicht installiert wird, decken die Stahlwerke ihren Bedarf halt über einen anderen Weg. Nur mit dieser Leitung können wir die Arbeitsplätze im Stahlbereich in Luxemburg garantieren.

Tageblatt: Grenzt diese Forderung nicht an Erpressung?

Etienne Schneider: In der für März angesetzten Stahltripartite geht es "donnons-donnons". Arcelor-Mittal wird in Sachen Investitionen nur Zusagen staatlicherseits erhalten, wenn auch der Konzern Zusagen hinsichtlich der zükünftigen Entwicklung der staatlichen Zuwendungen macht.

Tageblatt: Andere Projekte?

Etienne Schneider: Ich will Luxemburg auch an das französische Gasnetz anschließen. Dies, um die Abhängigkeit vom deutschen Netz zu verringern. Zudem schwebt mir vor, eine zweite Art "Twinerg", also ein zweites Gas-Dampf-Turbinenwerk, zu installieren. Um die energetische Unabhängigkeit des Landes zu garantieren. Andere Priorität haben für mich die Erdölreserven. Wir müssen endlich die geplanten Reservekapazitäten schaffen. In den vergangenen Monaten, speziell im Sommer und im Winter, befand sich das Land kurz vor dem GAU, sprich die Erdölreserven gingen dramatisch zur Neige.

Tageblatt: Stichwort Tanktourismus

Etienne Schneider: Die Abschaffung des Tanktourismus wäre aus budgetärer Sicht eine Katastrophe, aus ökologischer Sicht würde sie nichts bringen. Dementsprechend sehe ich in den diesbezüglichen Diskussionen keinen Mehrwert.

Tageblatt: Die lndexdiskussion liefert aber einen Mehrwert?

Etienne Schneider: Die jüngst beschlossene Modulation des Index ist im Rahmen der derzeitigen wirtschaftspolitischen Sicht eine absolute Notwendigkeit. Gleichzeitig will ich aber auch sagen, dass eine Modulation des Index-Warenkorbs, so wie angekündigt, nicht stattfinden wird. Dies aus dem einfachen Grund, dass die Gewerkschaften einer solchen Änderung nicht zustimmen werden.

Tageblatt: Sie haben mehrfach bereits erklärt, als Minister sozial und liberal sein zu wollen. Wie geht das zusammen?

Etienne Schneider: Ich bin der festen Überzeugung - und diverse Unternehmer bestätigen mich immer wieder in dieser Auffassung dass sozialer Frieden und politische Stabilität enorm wichtige Wirtschaftsfaktoren für ausländische Investoren darstellen. Gleichzeitig will ich aber auch alles erdenklich Mögliche für Betriebe in Luxemburg unternehmen. In diesem Zusammenhang: Anders als mein Vorgänger will ich versuchen, Betriebe aus Europa nach Luxemburg zu locken. Nicht, dass ich andere Märkte vernachlässigen werde, aber innerhalb Europas gibt es meines Erachtens noch viel Potenzial.

Tageblatt: Kurz nach der Bekanntgabe Ihres neuen Postens haben Sie eine sogenannte "Home-Story" im Fernsehen gemacht. Bereuen Sie diese auch von verschiedenen LSAP-Mitgliedern kritisch beäugte Entscheidung mittlerweile?

Etienne Schneider: Nein, keineswegs. Ich habe bewusst die Entscheidung getroffen, der Öffentlichkeit preiszugeben, dass ich a) Besitzer eines Rollsßoyce und b) homosexuell bin. Ich glaube, dies nimmt verschiedenen Medien auf Anhieb den Wind aus den Segeln.

Tageblatt: In Anlehnung an eine Aussage des Berliner Bürgermeisters Klaus Wowereit: Ich bin Besitzer eines Rolls-Royce ... und das ist gut so demnach?

Etienne Schneider: Ja, ich bin schwul und Besitzer eines Rolls-Royce. Aber im Ernst: Ich bin, wie ich bin, eine Person. Ich werde mich nicht verändern, weil ich Minister bin. Und die Personen, die mich für diesen Posten vorgeschlagen haben, wussten dies von Anfang an.

Tageblatt: Zum Schluss noch eine "ernst-unernste" Frage: Kennen Sie Flavio Becca?

Etienne Schneider: Ich kenne ihn, aber nicht gut. Aber: Ich verstehe die Diskussionen um das nationale Fußballstadion nur teilweise; Denn Geheimabkommen wie die, welche der diesbezüglichen Diskussion zugrunde liegen, stellen wir im Wirtschaftsministerium quasi permanent aus. Und: Luxemburg und das Luxemburger Modell leben davon, dass jeder jeden kennt.

Membre du gouvernement

SCHNEIDER Étienne

Date de l'événement

01.02.2012

Type(s)

gouv:tags_type_event/interview