"Die TGV-Anbindung ist wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit"

Luxemburger Wort: Welche Bedeutung hatte der Anschluss Luxemburgs an das französische TGV-Netz?

Claude Wiseler: Diese Anbindung an das Hochgeschwindigkeitsnetz war für das Großherzogtum äußerst wichtig, denn künftig wird die internationale Mobilität über die Hochgeschwindigkeitsstrecken der Eisenbahn erfolgen. Im Hinblick auf den Anschluss Luxemburgs an das deutsche ICE-Netz kofinanziert der Luxemburger Staat auch den zweigleisigen Ausbau des Schienennetzes in Richtung Koblenz. Die Anbindung an ein solches Schienennetz ist unabkömmlich für ein Land, das wettbewerbsfähig bleiben will. Die TGV-Anbindung ist ein großer Erfolg. Bei den Verhandlungen, die in den 1980er-Jahren mit der französischen Regierung geführt wurden, waren Luxemburg fünf TGVs in beide Richtungen zugesichert worden. Wegen der großen Nachfrage wurde diese Zahl auf sechs Verbindungen täglich in beide Richtungen erhöht. 2011 fuhren ab Luxemburg rund 288.000 Personen mit dem TGV-Est. Diese Passagierzahlen zeigen, dass dieses Bahnangebot gebraucht wird. Mit der TGV-Anbindung ist Luxemburg näher an das Zentrum der französischen Politik gerückt. Der TGV ist das schnellste Verkehrsmittel um ins Zentrum von Paris zu gelangen. Im Vergleich zum Auto sind Hochgeschwindigkeitszüge effizienter.

Luxemburger Wort: Reichen die jetzigen Kapazitäten aus oder werden schon Gespräche für zusätzliche TGVs zwischen Luxemburg und Paris geführt?

Claude Wiseler: Zurzeit genügen die Kapazitäten. Gegenwärtig werden bis zu 700 Fahrgäste täglich ab bzw. nach Luxemburg befördert. Die Passagierzahlen sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen. Auch eine Fahrplananpassung ist zurzeit nicht notwendig.

Luxemburger Wort: Als die "LGV Est européenne" (ligne a grande vitesse Est europeenne) am 9. Juni 2007 in Betrieb genommen wurde, wurden bei der Luxair starke Einbußen bei den Passagierzahlen auf der Strecke Luxemburg-Paris befürchtet. Waren diese Sorgen berechtigt?

Claude Wiseler: Ja. Insbesondere bei den Flügen mit Paris als Zielort waren die Zahlen rückläufig - wenn auch weniger dramatisch als ursprünglich befürchtet. Für Leute, die einige Tage in Paris verbringen möchten, macht der TGV als schnelles Transportmittel Sinn. Für diejenigen, die jedoch von Luxemburg via Paris in eine andere Großstadt reisen wollen, ist der Flieger nach wie vor als Verkehrsmittel sinnvoll. Das Flugzeug ist das Mittel, um etwa in die Vereinigten Staaten oder nach Afrika zu gelangen. Im Gegenzug sind die TGV-Züge diejenigen für Kurztrips nach Paris. Luxemburg braucht aber eine Flugverbindung nach Paris. Flugverbindungen zu den Flughäfen in Paris, Frankfurt und London ist u.a. aus Wirtschaftsgründen unumgänglich.

Luxemburger Wort: Die erste Phase zwischen Paris und Baudrecourt wurde vom Luxemburger Staat mitfinanziert. Wie hoch war dieser Beitrag? Wird Luxemburg sich auch finanziell am zweiten Teilabschnitt zwischen Baudrecourt und Straßburg beteiligen?

Claude Wiseler: Das Abkommen sieht einen Finanzierungsbeitrag Luxemburgs für die beiden Teilabschnitte von 145 Mio. Euro vor. Derzeit liegt uns eine zusätzliche Finanzierungsanfrage der französischen Regierung für weitere 20 Mio. Euro vor. Wir können diese Anfrage annehmen, müssen dies aber nicht. Sollte die Regierung der weiteren Anfrage zustimmen, dann müsste der französische Staat im Gegenzug das Schienennetz zwischen Thionville und der luxemburgischen Grenze verbessern. Eine definitive Entscheidung wurde aber noch nicht getroffen.

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