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Jean Asselborn, au sujet de la candidature du Luxembourg pour un siège non -permanent au sein du Conseil de sécurité des Nations Unies
Tageblatt: Herr Asselborn, Luxemburg will in den Weltsicherheitsrat. Warum eigentlich?
Jean Asselborn: Das fragen sich vielleicht einige. Aber es gibt dafür mehrere Gründe.
Der erste ist, dass Luxemburg Gründungsmitglied der Vereinten Nationen ist. Und von den Gründungsmitgliedern insgesamt hatten mit Haiti, der Dominikanischen Republik, El Salvador und Saudi-Arabien neben Luxemburg nur fünf Länder bislang noch keinen Sitz im Weltsicherheitsrat. Ein Land wie Luxemburg jedoch, das auf internationaler Ebene eine engagierte Politik betreibt, hat meiner Meinung nach nicht nur das Recht, sich um einen solchen Sitz zu bewerben, sondern sogar die Pflicht, dies zu tun.
Denn laut UNO-Charta, und das ist ein zweiter Grund, sind eigentlich alle Mitglieder dazu verpflichtet, aktiv in den verschiedenen UN-Gremien mitzuarbeiten. Deshalb haben wir bereits 2001 unsere Kandidatur für dieses Jahr gestellt. Das scheint ein langer Zeitraum, ist es jedoch nur relativ, wenn man weiß, dass heute bereits Kandidaturen für das Jahr 2038 z.B. vorliegen. Eine solche Bewerbung ist kein leichtes Unterfangen. Und vor allen Dingen kein Unterfangen, bei dem man sich meldet und alles läuft von selbst. Persönlich habe ich 2005 angefangen, ganz gezielt auf einen Sitz hinzuarbeiten. In dieses Ziel ist ganz viel Energie von ganz vielen engagierten Leuten eingeflossen. Derart, dass egal wie die Wahl ausgehen wird, Luxemburg die Gelegenheit genutzt haben wird, sich nach außen hin immer bekannter zu machen. Das Ganze ist mit Sicherheit, besonders in den heutigen schwierigen Zeiten, nicht zum Schaden unseres Landes.
Tageblatt: Wäre es denn, eben in schwierigen Zeiten, nicht sinnvoller, sich auf konkrete wirtschaftliche Missionen z.B. zu konzentrieren, statt Energien in ein Projekt mit ungewissem Ausgang zu stecken?
Jean Asselborn: Das ist totaler Unfug. Niemand wird doch wohl ernsthaft glauben, dass wenn man über einen Zeitraum von mehreren Jahren rund 180 Länder besucht, man nur über den Weltsicherheitsrat redet. Natürlich ging es bei diesen Treffen auch um die wirtschaftlichen Interessen unseres Landes. Bei diesen Begegnungen haben ich mit meinen Gesprächspartnern bestimmt nicht über Poesie oder andere Nebenschauplätze der Welt geredet. Es ging mir immer darum, Luxemburg mit all seinen Möglichkeiten und Perspektiven darzustellen. Das ist natürlich nicht messbar. Hier geht es um eine Tiefenwirkung, deren Früchte sich mittel- bis langfristig einstellen werden. Hinzu kommt, dass wir uns zum Teil neu aufgestellt haben. Beispiel Afrika. Dort sind wir natürlich bekannt wegen unserer engagierten Entwicklungshilfe, aber auch weil wir dabei sind, uns dem Kontinent wirtschaftlich stärker anzunähern. Um eine solche stärkere wirtschaftliche Verknüpfung zu erreichen, haben wir in Addis Abeba eine Botschaft sowohl für Athiopien als auch die Afrikanische Union eingerichtet, die dort ihren Sitz hat.
Tageblatt: Eigentlich drängt Luxemburg mit seinem Streben nach einem Sitz im Sicherheitsrat in ein Gremium, das von vielen Seiten kritisiert wird. Nicht nur wegen seiner Struktur, sondern auch wegen seiner Haltung in manchen Fragen. Aktuelles Beispiel Syrien. Der türkische Premierminister Erdogan hat scharfe Worte gefunden. Auch die frankophonen Länder, bei ihrem Treffen in Kinshasa am letzten Wochenende, haben den Sicherheitsrat kritisiert, ganz besonders, was die Vertretung Afrikas anbelangt. Eine Reform des Sicherheitsrates ist seit Jahren im Gespräch. Doch hat sich bislang eigentlich nicht viel bewegt. Wieso nicht?
Jean Asselborn: Es ist ja nicht der Sicherheitsrat, der die Strukturen und die Formen der UN und ihrer Gremien bestimmt. Das geschieht in der Vollversammlung. Doch eigentlich ist das richtig und gleichzeitig falsch. Denn die fünf ständigen Vertreter, die Atommächte mit ihrem Veto-Recht, haben doch einen sehr großen Einfluss, auch bei der Aufnahme neuer Mitglieder, wie das Beispiel Palästina zeigt. Was die Reform des Sicherheitsrates anbelangt, hat Luxemburg seit 2005 eine klare Position. Wir sind für mehr ständige und für mehr nicht-ständige Mitglieder in dem Rat, weil dies eine weitere Bandbreite bei der Beurteilung von Situationen bringt. Klar ist, dass die Konstruktion, wie sie heute existiert, überdacht werden muss. Die Welt, in der wir heute leben, ist eine andere als die nach dem Krieg Mitte des 20. Jahrhunderts. Das muss sich auch bei den Vereinten Nationen widerspiegeln. 2005 war man einer Reform übrigens ganz nahe. Da war die Rede von einer ständigen Mitgliedschaft von Deutschland, Japan, Brasilien und Afrika. Es kam zu keiner Einigung. Besonders für Afrika war dies eine Enttäuschung. Der Kontinent stellt kein einziges ständiges Mitglied in dem Gremium. Die Kritik der frankophonen Länder ist verständlich.
Tageblatt: Woran ist man gescheitert?
Jean Asselborn: Reformbestrebungen werden natürlich besonders von den Vetomächten ungern gesehen. Die USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich wollen nichts ändern. Für sie ist klar, dass wenn die Zahl der ständigen Mitglieder wächst, ihre Macht und Einfluss geringer werden. Es ist eine sehr schwierige Angelegenheit. Zurzeit sehe ich weder kurz- noch mittelfristig eine Chance, dass sich etwas ändern wird. Zum Teil liegt es auch daran, dass sowohl die europäischen als auch die afrikanischen Länder keine einheitliche Position vertreten. Was die Kritik des türkischen Premierministers Erdogan anbelangt, so ist weniger die Struktur gemeint als die Tatsache, dass der Sicherheitsrat es nicht fertigbringt, sich auf eine gemeinsame Position zu einigen, um der blutigen Gewalt in Syrien Einhalt zu gebieten. Dort hat der Sicherheitsrat auf humanitärer Ebene bisher versagt. Das ist nicht gut.
Tageblatt: Was spricht denn nun für einen Luxemburger Sitz im Weltsicherheitsrat?
Jean Asselborn: Wir haben jetzt eine intensive Kampagne von über sieben Jahren hinter uns, in der wir unsere Argumente allenthalben vorgebracht haben.
Die meisten Mitgliederländer in der UN sind eher kleine Länder. Sie verstehen uns. Ein Land mit den Dimensionen Luxemburgs verfolgt keine politische Agenda, die im Interesse anderer läge. Dass auch kleine Länder politisch etwas bewegen können, haben wir an anderer Stelle bewiesen. Luxemburg hat bisher elf europäische Präsidentschaften erfolgreich abgeschlossen. Wo andere dafür 3.000 Mitarbeiter einstellten, waren wir dabei nur 300.
Luxemburg hat sich zudem immer wieder für internationales Recht eingesetzt. Wir sind für das Abschaffen der Todesstrafe, wir haben das Oslo-Abkommen gegen Streubomben unterzeichnet, das Abkommen von Ottawa gegen die Tellerminen. Und wir standen stets ein für die Menschenrechte. Wobei man anmerken muss, dass es schwierig wird, wenn man sich nur mit Ländern abgeben will, in denen diese immer einwandfrei respektiert werden. Da sollte man als Europäer dann auch in den Spiegel schauen und auf Mitgliederstaaten der Europäischen Union blicken, Ungarn z.B.
Vor allen Dingen jedoch können wir auf eine Trumpfkarte verweisen: unsere Entwicklungshilfe.
Gemeinsam mit Norwegen liegen wir hier ganz vorne. Es gibt UN-Sparten, wie das Flüchtlingshilfswerk UNHCR, die UN-Aidshilfe, das UN-Entwicklungsprogramm oder die UN-Palästinahilfe, da liegt Luxemburg zwischen dem zwölften und dem 15. Platz bei den Gebern. In absoluten Zahlen. Wir können auf das vor Kurzem auch dem UN-Generalsekretär Ban Ki-moon vorgestellte Projekt emergency.lu verweisen, das in Zusammenarbeit mit dem Satellitenbetreiber SES zustande kam und einen koordinierten Hilfseinsatz in Katastrophenfällen vor Ort ermöglicht. Vor allen Dingen jedoch sind wir keine faulen Kompromisse eingegangen, um uns einer Stimme bei der Wahl sicher zu sein.
Tageblatt: Ist Luxemburg personell gerüstet für den Fall einer erfolgreichen Wahl?
Jean Asselborn: Da bin ich mir sicher. Wir haben sehr engagierte Diplomaten, sehr junge und weniger junge. Wie extrem diese motiviert sind, konnte man während unserer Kampagne sehen. Zudem haben wir mit Sylvie Lucas eine Botschafterin in New York, die sich seit Langem eigentlich Tag und Nacht für uns einsetzt. Das ist für uns ein Glücksfall.
Tageblatt: Wie beurteilen Sie die Chancen für Luxemburg?
Jean Asselborn: Dazu will ich mich nicht mehr äußern, auch wenn ich an anderer Stelle schon Zahlen genannt habe. Ich weiß nur, dass ich während des Wahivorgangs bis zum Bekanntwerden des Resultates wohl kaum ansprechbar sein werde.