Carole Dieschbourg au sujet des forêts, de l'eau et du développement durable

"Nur sieben Prozent unserer Fließgewässer sind in einem guten Zustand"

"Den Landwirten muss bewusst werden, dass sie nicht nur unsere Lebensmittel produzieren, sondern auch Garanten für gute Wasserqualität sind. Wir müssen daher Gelder in die Beratung der Landwirte stecken, den Pestizideinsatz reduzieren und Wasserschutzzonen ausweisen: Im Moment sind fünf Wasserschutzzonen in Arbeit, in den kommenden zwei Jahren sollen insgesamt 80 Zonen bestimmt werden. Das wird ein deutliches Plus für die Wasserqualität sein. Zudem wollen wir auch konsequenter auf Renaturierung der Wasserläufe setzen, auch aus Gründen des Hochwasserschutzes."

Revue: Nach dem Erdrutsch in Monnerich sagten Sie, die Bauschuttproblematik sei auch eine Problematik des Wachstums.

Carole Dieschbourg: Ja, ich sehe dieses Problem auch als eine Art "Warnsignal". Wir haben nur begrenzte natürliche Ressourcen und eine begrenzte Landesfläche und sollten daher auch aufpassen, wie wir bauen und wachsen. Im Baubereich in Luxemburg besteht viel Potential für Kreativität und Innovation. Eine umweltschonende Bauweise kann dabei auch zum Exportschlager werden. Die Handwerkerkammer geht davon aus, dass die Luxemburger Handwerksbetriebe durch ihre Mehrsprachigkeit und hohes Know-how einen großen Markt in der Großregion haben. Darauf sollten wir aufbauen. Deshalb führte ich unter anderem Gespräche mit dem Energieminister und dem Arbeitsminister. Luxemburg muss in bestimmten Bereich weiter wachsen: So müssen wir das Schienennetz ausbauen und stärker in erneuerbare Energien investieren. Dieses Wachstum ist aber qualitativ: es schafft saubere Luft und mehr Lebensqualität.

Revue: Wie ist der Rückstand Luxemburgs bei den erneuerbaren Energien aufzuholen?

Carole Dieschbourg: Das nationale Potential und die Zusammenarbeit in der Großregion sind längst nicht ausgeschöpft. Wir sind dabei, die bestehenden Studien zu aktualisieren. Daneben gibt es im Bereich der Energieeffizienz schon erste Resultate und noch viel im Bereich Aufklärung und Innovation zu tun. Das wirkt sich dann auch positiv auf unsere Ziele im Bereich der erneuerbaren Energien aus: Wenn der Stromverbrauch generell sinkt, sinkt auch der zu erreichende Anteil an erneuerbarer Energie. Zudem wollen wir die Förderkriterien auf ihre Wirksamkeit überprüfen. Wir können viel aufholen, indem wir erneuerbare Energien fördern, Kooperativen etablieren helfen und die Bürger sensibilisieren. Ein jeder kann Energieproduzent sein.

Revue: "Screening" im Sinne von "greening"?

Carole Dieschbourg: Genau, wir müssen gezielter fördern. Zudem sollten wir auf regionale Zusammenarbeit setzen. Wir waren kürzlich in Mainz bei der grünen rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerin. Rheinland-Pfalz ist in Europa Spitzenreiter im Bereich der erneuerbaren Energien. Da wir wissen, dass es Luxemburg allein nicht schafft, werden wir in der Großregion zusammenarbeiten, um makroregional in erneuerbare Energien zu investieren. Was uns an Potential des Landes fehlt, machen wir wett durch Investitionen in der Großregion. Dabei muss man im Blick haben, dass Klimapolitik viele verschiedene Politikbereiche berührt und nur zusammen gelingt. Zusammen mit dem Energieminister wird der nationale Klimaplan überarbeitet.

Revue: Bedeutet das verstärkte Zusammenarbeit der Ministerien?

Carole Dieschbourg: Ja, die läuft sehr gut. Neben mehr Aufklärung sind Allianzen für mich der wichtigste Pfeiler der Umweltpolitik. So wurde im Februar eine interministerielle Arbeitsgruppe zur Luftqualität einberufen. Das ist ein Bereich, in dem wir enormen Aufholbedarf haben. Nach dem Göteborg-Protokoll zur Begrenzung der Emissionen sind unsere Emissionswerte von Stickoxiden wesentlich zu hoch. Im Luftbereich drohen uns aus gesundheits- und umweltpolitischen Gründen von Brüssel ähnliche Strafen, wie im Wasserbereich. Wir müssen somit resolut gegensteuern.

Revue: Reicht die von der EU-Kommission vorgeschlagene Reduzierung der Treibhausgasemissionen aus?

Carole Dieschbourg: Der Energieminister und ich haben Anfang März in Brüssel erklärt, dass wir weiter eine ambitionierte europäische Klimapolitik brauchen. Zynismus oder weiteres Abwarten ist verantwortungslos gegenüber den kommenden Generationen. Die Ziele sollten ambitiös sein, aber auch so, dass eine Einigung zustande kommt. Es ist wichtig, dass wir schnell zu einer europäischen Position kommen, am besten noch vor September 2014. Im nächsten Jahr übernimmt Luxemburg die europäische Ratspräsidentschaft und damit auch die internationalen Klimaverhandlungen in Paris. Ich bin mir bewusst, dass die Gespräche dort schwierig werden. Luxemburg kann sich im Bereich der erneuerbaren Energien durch eine gezielte Politik und Kooperationen auf 30 Prozent erneuerbare Energien verpflichten. Energieeffizienz bleibt dabei wichtig: Wir wollen, dass die EU ein Ziel im Bereich der Energieeffizienz anstrebt.

Revue: Wie sind die Ziele mit der Wirtschaft zu vereinbaren?

Carole Dieschbourg: Wir müssen der Industrie genügend Flexibilität einräumen und unseren Standort attraktiver gestalten. Als Verantwortliche für die Kommodo-Prozeduren bin ich dabei, die Kommodo-Klassen zu überdenken. Wir wollen ein" E-Kommodo" einführen und unsere Prozeduren beschleunigen, ohne dass die Umweltaspekte vernachlässigt werden und die Bürgerbeteiligung darunter leidet.

Revue: Die Wasserwirtschaft ist jetzt im Umweltministerium. Was ändert sich damit?

Carole Dieschbourg: Wir waren froh, dass dieser Bereich nun dort angesiedelt ist, wo er hingehört. Wasser ist eine begrenzte und schützenswerte Ressource. In Luxemburg besteht dringender Handlungsbedarf: Wir wurden vom Europäischen Gerichtshof verklagt, weil wir bei der Wasserqualität im Rückstand sind. Deshalb habe ich gleich zu Beginn meiner Amtszeit die Umsetzung der Nitrat-Direktive im Regierungsrat zur Priorität gemacht. Wir müssen unsere bestehenden Quellen besser schützen: Heute sind nur sieben Prozent unserer Fließgewässer in einem guten Zustand und 60 Prozent unserer Grundwasserkörper, die unser Trinkwasser liefern. In den letzten Jahren konnten zudem sieben Prozent unserer Trinkwasserquellen wegen u hoher Nitrat- oder Pestizidbelastung nicht mehr genutzt werden. Der Verlust an Qualität hat auch einen Preis: Wasser muss kostenintensiv aufbereitet werden. Zudem droht langfristig der Import von Trinkwasser, wenn wir nicht handeln.

Revue: Was muss getan werden?

Carole Dieschbourg: Den Landwirten muss bewusst werden, dass sie nicht nur unsere Lebensmittel produzieren, sondern auch Garanten für gute Wasserqualität sind. Wir müssen daher Gelder in die Beratung der Landwirte stecken, den Pestizideinsatz reduzieren und Wasserschutzzonen ausweisen: Im Moment sind fünf Wasserschutzzonen in Arbeit, in den kommenden zwei Jahren sollen insgesamt 80 Zonen bestimmt werden. Das wird ein deutliches Plus für die Wasserqualität sein. Zudem wollen wir auch konsequenter auf Renaturierung der Wasserläufe setzen, auch aus Gründen des Hochwasserschutzes.

Revue: Wie kann dies vermittelt werden?

Carole Dieschbourg: Durch Information und Kooperation. Wir müssen den Bauern helfen und zeigen, dass sich Natur- und Landschaftsschutz generell lohnt. Es gibt Hilfestellungen, zudem besteht im Biolandbau in Luxemburg noch viel Potential und ein großer Markt. Den Umweltschutz darf man nicht nur sektoriell sehen, wir brauchen alle Akteure, also auch Landwirtschaft, Industrie, Gemeinden und Verbraucher. Unsere Philosophie ist es, dass wir alles als Ganzes sehen und transparent sind. Das bedeutet auch, mehr Umweltinformationen zur Verfügung zu stellen: So haben wir kürzlich ein nationales Biotopkataster veröffentlicht. Darüber können Landwirte jetzt genau einsehen, welche Flächen betroffen und schützenswert sind und ihre Bewirtschaftung anpassen. Das ist konkrete Präventions- und Informationsarbeit.

Revue: Dem Wald geht es laut einer neuen Studie schlecht. Wie ist er zu retten?

Carole Dieschbourg: Auch hier müssen wir schrittweise und langfristig vorgehen. Der Wald ist zugleich natürlicher Lebensraum, wichtig für unsere Luftqualität und auch ein Freizeitgebiet. Zudem gibt es den ökonomischen Wald, den man bewirtschaftet, möglichst nachhaltig. Der "Code Forestier" ist ein wichtiges Instrument und soll mit einem nachhaltigen Konzept überarbeitet werden. Wir haben nun mehr Möglichkeiten, den Kurs vorzugeben, da die Subventionen im Forstbereich jetzt auch vom Umweltministerium vergeben werden.  

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