Interview von François Bausch mit dem Lëtzebuerger Journal

"Verkehrsmittel mit Potenzial"

"Wir können die Mobilität in Luxemburg nur verbessern, indem wir jedem Verkehrsmittel den Stellenwert geben, welcher seinem Potenzial entspricht."

Interview: Lëtzebuerger Journal (Ingo Zwanck)

Lëtzebuerger Journal: Herr Minister, wie sehen Sie den aktuellen Stellenwert des Rads als Verkehrsmittel im öffentlichen Transport in Luxemburg?

François Bausch: Immer mehr Berufspendler erkennen, dass sich der motorisierte Individualverkehr zur Hauptverkehrszeit mittlerweile langsamer fortbewegt als ein Fahrrad. Dies, sowie die Freude am Radfahren, erklärt die durch automatische Zähler bestätigte Zunahme an Radbewegungen überall dort, wo Gemeinden in zusammenhängende und möglichst verkehrssichere Radwege investiert haben.

In sämtlichen Zügen der CFL können Fahrräder mitgenommen werden. Dasselbe gilt für RGTR-Busse, sofern Platz frei ist und die Bauart des Busses sich dafür eignet, wobei für neue Busse systematisch auf fahrradfreundliche "low entry"-Modelle zurückgegriffen wird.

Seit 2014 statten die CFL jedes Jahr ein halbes Dutzend Bahnhöfe mit gesicherten Fahrradkäfigen vom Typ "mBox" aus. Diese erlauben es dem Pendler, sein Fahrrad entweder morgens am Bahnhof des Wohnsitzes oder abends am Bahnhof des Arbeitsplatzes sicher abzustellen, oder sich nach holländischem Vorbild sogar sowohl für die "first mile" als auch für die "last mile" ein Fahrrad bereitzustellen. Das Ballungsgebiet der Hauptstadt schließlich hat tagsüber mit seinen über 200.000 Menschen und seiner recht kompakten Siedlungsstruktur die kritische Masse, damit ein "bike share"-System als vollwertige Komponente des öffentlichen Transportes funktionieren kann. In dem Sinne freut es mich, dass die betroffenen Gemeinden bei der nächsten Gelegenheit ihre drei verschiedenen Systeme zu einem einzigen zusammenschließen wollen, welches zudem Fahrräder mit elektrischer Unterstützung anbieten soll.

Lëtzebuerger Journal: Welchen Stellenwert sollte das Rad haben oder welchen Stellenwert müsste es Ihrer Ansicht nach in Luxemburg bekommen?

François Bausch: Wir können die Mobilität in Luxemburg nur verbessern, indem wir jedem Verkehrsmittel den Stellenwert geben, welcher seinem Potenzial entspricht. Wenn man bedenkt, dass etwa die Hälfte aller mit dem Privatauto zurückgelegten Fahrten kürzer als fünf Kilometer sind, und dass das Fahrrad auf genau solchen Distanzen - Parkplatzsuche inklusive - an Effizienz nicht zu überbieten ist, dann wird einem dieses Potenzial schnell klar. Allerdings bekommt man genau den Verkehr, für den man baut. Wenn Staat und Gemeinden also fortan mit derselben Konsequenz sichere Radrouten anlegen, wie sie in den letzten Jahrzehnten Straßen gebaut haben, dann wird das Fahrrad diese Straßen besonders zur Hauptverkehrszeit wesentlich entlasten.

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